30.1.11

 

Seine Bestimmung finden

Der Mensch kann nur soweit
vollkommen er selbst sein,
wie er die Herrscherrechte
seines Schöpfergottes über sich anerkennt.

Solange er Gott nicht gefunden hat
und solange er nicht seine Rechte
als die seines einzugen Herrn anerkennt,
hat er den nicht gefunden,
der sein Ursprung und sein Endziel ist.

Er bleibt dann einem umherirrenden Vagabunden gleich,
der nich weiß,
wohin er geht
und woher er kommt.

Deshalb legt Gott in seiner Heilserziehung
einen solchen Wert auf die Offenbarung seines Geheimnisses
und auf jenes erste Gebot der Anbetung,
durch die der Mensch seine gänzliche Abhängigkeit
von seinem Gott anerkennt,
durch die der Mensch in persönliche Beziehung
zu seinem Schöpfer und Vater tritt,
sich ihm hingibt,
und durch die der Mensch
praktisch die Größe
und erhabene Majestät
seines Gottes erkennt.

Sobald der Mensch die Forderung
dieses ersten Gebotes vergißt
und sich durch die Güter dieser Welt,
durch den Wunsch nach Ruhm
und menschlicher Macht
verführen und mit Beschlag belegen läßt,
erniedrigt er sich selbst
und verliert er einen wahren Adel.

Anstatt sich Gott zuzuwenden,
um ihn zu erkennen und zu lieben
und dadurch zu einem gottähnlichen Wandel zu gelangen,
zieht er sich in sich selbst zurück
und sucht nur sich selbst
zu erkennen und zu lieben.

Er behauptet,
die wahre Größe des Menschen bestehe nicht darin,
einem fernen, hypothetischen
und vielleicht sogar rein imaginären Gott zuzustreben,
sondern seinen Nächsten die Hand zu reichen,
sie zu lieben, ihnen zu helfen
und dabei sich selbst wahrhaft
um ihrertwillen zu vergessen.

Er behauptet,
die wahre Religion bestehe nicht darin,
einen unbekannten Gott anzubeten,
von dem er nichts weiß,
sondern sich seinen Brüdern hinzugeben,
um sie zu retten,
um die Menschen untereinander zu vereinen.

Man muß anerkennen,
daß diese Substitution,
die den Menschen an Gottes Stelle setzt
und aus der Anbetung Gottes
eine freundschaftliche Hilfe
der Menschen untereinander macht,
außerordentlich verführererisch sein kann
für den, der nicht mehr weiß was Gott ist,
der es vielleicht niemals gewußt
oder wenigstens eine nur
eine ferne Erinnerung an ihn bewahrt hat,
eine Erinnerung, die ihren Niederschlag
in ganz unbestimmten Bildern findet:
so im furchtbaren Gott,
im Polizeigott, der immer zu strafen bereit ist ..

Stehen wir mit dieser Substitution
in Wirklichkeit nicht vor einer
vom Teufel besesenen Verweltlichung
des innersten christlichen Geheimnisses?

P. Marie-Dominique Philippe, Johannesgemeinschaft

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Comments:
Ein sehr offener und inspirierender Text!

Franziska
 
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