- Insgesamt wurden 22 Menschen bei dem Angriff getötet: Zwölf Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen und zehn Patienten, darunter drei Kinder. 37 Menschen wurden verletzt, darunter 19 Mitglieder des Ärzte ohne Grenzen-Teams.
- Vom Ausbruch der Kämpfe in der Stadt am 28. September bis zu dem Angriff haben die Teams von Ärzte ohne Grenzen im Krankenhaus in Kundus 394 Verletzte behandelt.
- Zum Zeitpunkt des Luftangriffs befanden sich 105 Patienten im Krankenhaus sowie 80 internationale und lokale Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen.
- Das Personal hat im Vorfeld des Luftangriffs keine bewaffneten Kämpfer oder Gefechte auf dem Krankenhaus-Gelände festgestellt.
- Bei der Klinik von Ärzte ohne Grenzen in Kundus handelte es sich um ein voll funktionsfähiges Krankenhaus, das voller Patienten und Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen war.
- Die Angriffe fanden statt, obwohl Ärzte ohne Grenzen militärischen und zivilen Funktionsträgern – sowohl der internationalen Koalition als auch Afghanistans – die GPS-Koordinaten des Krankenhauses mitgeteilt hatte, zuletzt am 29. September. Obwohl wir amerikanische und afghanische Militärs darüber informierten, dass unser Krankenhaus getroffen wurde, dauerte der Angriff weitere 30 Minuten an.
- Nach dem Angriff versuchte das Team von Ärzte ohne Grenzen verzweifelt, die Verletzten in Sicherheit zu bringen. Die Mitarbeiter richteten in einem unversehrten Raum einen provisorischen Operationssaal ein und versuchten, das Leben von verletzten Kollegen und Patienten zu retten.
- Das Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen war die einzige medizinische Einrichtung dieser Art im Nordosten Afghanistans. Sie hat kostenlos hochwertige lebensrettende Chirurgie angeboten. 2014 wurden mehr als 22.000 Patienten in diesem Krankenhaus behandelt und mehr als 5.900 chirurgische Eingriffe durchgeführt.
- Das Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen in Kundus wurde teilweise zerstört und ist nun nicht mehr in Betrieb. Dadurch haben Tausende Menschen keinen Zugang zu Notfallmedizin mehr – zu einem Zeitpunkt, zu dem sie diese besonders dringend benötigen.
- Ärzte ohne Grenzen fordert eine unabhängige Untersuchung durch die Internationale Humanitäre Ermittlungskommission (International Humanitarian Fact-Finding Commission, IHFFC), die den tatsächlichen Hergang der Ereignisse ermitteln soll. Die IHFFC ist keine UNO-Instanz, sie wurde 1991 durch das Zusatzprotokoll 1, Artikel 90 der Genfer Konvention ins Leben gerufen, die Regeln für den Kriegsfall enthält. Die IHFFC wurde genau zu diesem Zweck eingerichtet: Um unabhängig Verletzungen des humanitären Völkerrechts zu untersuchen – wie zum Beispiel Angriffe auf Krankenhäuser, die in Konfliktgebieten besonderem Schutz unterliegen.
- Ärzte ohne Grenzen hat 1980 den Hilfseinsatz in Afghanistan begonnen. In Kundus und im Rest Afghanistans arbeiten afghanische und internationale Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, um Patienten die bestmögliche Behandlung anbieten zu können. Ärzte ohne Grenzen unterstützt das Gesundheitsministerium im Ahmad Shah Baba-Krankenhaus im Osten Kabuls, die Frauenklinik Dasht-e-Barchi im Westen Kabuls und das Boost-Krankenhaus in Lashkar Gah in der Provinz Helmand. In Khost im Osten des Landes betreibt Ärzte ohne Grenzen eine Mutter-Kind-Klinik.
- In allen Hilfsprogrammen behandeln die Mitarbeiter von Ärzte ohne Grenzen die Menschen nach ihrem medizinischen Bedarf, ungeachtet ihrer ethnischen Herkunft, ihrer Religion oder politischen Überzeugung.
- Ärzte ohne Grenzen arbeitet in Afghanistan ausschließlich mit privaten Spenden und nimmt keinerlei Regierungsgelder an.
10.10.15
Der Angriff auf das Krankenhaus von Ärzte ohne Grenzen in Kundus
Am
Samstag, den 3. Oktober 2015, wurde das chirurgische Krankenhaus von
Ärzte ohne Grenzen in Kundus von einer Serie von Luftangriffen
getroffen. Die Angriffe fanden im 15-Minuten-Takt zwischen 02:08 Uhr und
03:15 Uhr frühmorgens statt. Das Hauptgebäude, in dem sich die
Intensivstation, die Notaufnahme und die Physiotherapie-Abteilung befanden, wurde bei jedem Angriff präzise getroffen, während umliegende Gebäude fast gänzlich unversehrt blieben.
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Kommentar:
Es ist ein Kriegsverbrechen und die Verantwortlichen sollten vor dem internationalen Kriegsverbrechertribunal angeklagt werden. Ihnen waren die GPS-Daten des Krankenhauses bekannt, wurden während der Bombadierung informiert und bombten trotzdem weiter. Der Begriff "Kollateralschaden" ist zynisch und soll nur vom Verbrechen/Mord ablenken!
Kommentar:
Es ist ein Kriegsverbrechen und die Verantwortlichen sollten vor dem internationalen Kriegsverbrechertribunal angeklagt werden. Ihnen waren die GPS-Daten des Krankenhauses bekannt, wurden während der Bombadierung informiert und bombten trotzdem weiter. Der Begriff "Kollateralschaden" ist zynisch und soll nur vom Verbrechen/Mord ablenken!
Ab einer gewissen Zahl bricht jedes Asylwesen zusammen
Toni Stadler arbeitete während Jahren in Flüchtlingslagern in Krisenherden auf der ganzen Welt.
Heute sagt er, Migration löse die Krisen nicht, sondern verschärfe sie.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel beschwört ihr Volk, dass die Flüchtlingskrise zu meistern sei.
Ich weiss nicht genau, was die Kanzlerin schaffen will.
Die Flüchtlingskrise ist nicht eine Aufgabe, die man lösen kann und dann ist sie erledigt.
Flüchtlinge, Kriegsvertriebene und Arbeitsmigranten sind heute so mobil wie nie zuvor. Wenn man sie alle willkommen heisst, namentlich auch illegale Migranten, dann zieht das auch jene an, die sich nach einem Leben in der Wohlstandsgesellschaft sehnen. Wenn Angela Merkel jetzt eine Million Migranten willkommen heisst, dann verschiebt sie die Lösung des Problems einfach auf den Moment, an dem die zweite Million an der Grenze steht.
Ab einer gewissen Zahl von Migranten bricht das Asylwesen jedes Landes zusammen.
Ausserdem kann es bei einem Krieg nicht darum gehen, möglichst viele Menschen an einen Ort möglichst weit vom Kriegsgebiet entfernt zu versetzen. Dieses Narrativ stört mich.
Das Ziel muss sein, den Krieg zu beenden und die Kriegsvertriebenen zu repatriieren.
Menschen in Not zu helfen und sich für die Beilegung eines Konfliktes zu engagieren, schliesst sich nicht aus.
Doch, bis zu einem gewissen Grad schon. Es sind immer die aktivsten und gebildetsten Menschen, die aus Bürgerkriegen flüchten, Tausende Kilometer reisen und dabei ihr Leben riskieren. Damit wird der Opposition Kraft entzogen. Ausserdem fehlen diese Menschen später, um nach dem Krieg wieder einen Rechtsstaat zu installieren und das Land wiederaufzubauen.
Dieses Problem löst man indem man im betroffenen Land oder möglichst nahe am Land Schutzzonen einrichtet.
Wenn sich Menschen drei Jahre in einem Flüchtlingslager aufhalten, bleiben sie mit dem Heimatland in Kontakt und werden auf die Rückkehr nach dem Kriegsende vorbereitet.
Wenn sie drei Jahre in Berlin leben, werden sie auf ein Leben in der Wohlstandsgesellschaft vorbereitet.
Ein Flüchtlingslager für vier Millionen Syrer?
Das Konzept ist erprobt. Im Golfkrieg 1991 errichtete man erfolgreich eine Schutzzone für Kurden im Nordirak. Bereits heute sorgt das UNHCR für die Sicherheit und den Unterhalt von 2 Millionen syrischen Flüchtlingen in der Türkei und in Jordanien. Sie wohnen zum Teil in Lagern, zum Teil bei Privaten. Ausserdem verwahre ich mich gegen das Klischee, dass Flüchtlingslager Orte sind, in denen Menschen per se leiden oder gar sterben. In einem gut geführten Flüchtlingslager können die Menschen in Würde leben und die Kinder zur Schule gehen. Flüchtlingslager kosten Geld, nicht die Türkei soll dafür aufkommen müssen, sondern die Golfstaaten und die OECD-Länder.
Bei einem Problem dieser Grösse und Komplexität kommt die Internationale Gemeinschaft nicht darum herum, Regeln festzuschreiben und Kategorien zu schaffen. Es gibt Menschen, die gemäss der Definition der Flüchtlingskonvention verfolgt sind und unseren Schutz brauchen. Es gibt Menschen, die vor Kriegshandlungen fliehen. Und es gibt Menschen, die auf der Suche nach einem besseren Leben sind.
Man muss diese drei Kategorien separat behandeln.
Vor allem wegen der Sogwirkung auf Nachahmer der dritten Kategorie. Menschen, die gemäss Völkerrecht Anspruch auf Asyl haben, gibt es nicht in beliebiger Zahl. Damit kann Europa umgehen. Arbeits-Migranten gibt es theoretisch Milliarden. Wenn man sie mit der gleichen Grosszügigkeit aufnimmt, ziehen sie weitere nach.
Migration kann die grundlegenden Unterschiede zwischen Armen und Reichen, zwischen Kriegsversehrten und Kriegsverschonten, nicht beseitigen. Diese Unterschiede müssen mit Entwicklungshilfe und politischen und wirtschaftlichen Reformmassnahmen in den betroffenen Ländern abgebaut werden. Nicht indem man möglichst viele Arme in reiche Länder umsiedeln lässt.
Bei der Diskussion um Flüchtlinge fokussiert die SVP auf Missbräuche und die Grenzen der Kapazität, die SP auf Solidarität und die humanitäre Tradition der Schweiz. Was halten Sie von diesen Diskussionen?
Max Frisch sagte treffend: Wir wollten Arbeitskräfte, es kamen Menschen.
Heute wollen wir nur echte Flüchtlinge, doch es kommen Menschen, unter denen einige lügen und Pässe fälschen.
Es scheint mir wichtig, die Migrationsproblematik weniger mit dem Gefühl und mehr mit dem Verstand anzugehen.
Auf die aktuelle Situation bezogen hiesse dies, dass wir auf technische Probleme mit technischen Lösungen reagieren sollten, auf menschliche Probleme mit Menschlichkeit.
Hilfreich dafür wäre natürlich, wenn man das Thema Migration so weit als möglich aus dem Links-rechts-Schema heraushalten könnte.
Heute sagt er, Migration löse die Krisen nicht, sondern verschärfe sie.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel beschwört ihr Volk, dass die Flüchtlingskrise zu meistern sei.
Ich weiss nicht genau, was die Kanzlerin schaffen will.
Die Flüchtlingskrise ist nicht eine Aufgabe, die man lösen kann und dann ist sie erledigt.
Flüchtlinge, Kriegsvertriebene und Arbeitsmigranten sind heute so mobil wie nie zuvor. Wenn man sie alle willkommen heisst, namentlich auch illegale Migranten, dann zieht das auch jene an, die sich nach einem Leben in der Wohlstandsgesellschaft sehnen. Wenn Angela Merkel jetzt eine Million Migranten willkommen heisst, dann verschiebt sie die Lösung des Problems einfach auf den Moment, an dem die zweite Million an der Grenze steht.
Ab einer gewissen Zahl von Migranten bricht das Asylwesen jedes Landes zusammen.
Ausserdem kann es bei einem Krieg nicht darum gehen, möglichst viele Menschen an einen Ort möglichst weit vom Kriegsgebiet entfernt zu versetzen. Dieses Narrativ stört mich.
Das Ziel muss sein, den Krieg zu beenden und die Kriegsvertriebenen zu repatriieren.
Menschen in Not zu helfen und sich für die Beilegung eines Konfliktes zu engagieren, schliesst sich nicht aus.
Doch, bis zu einem gewissen Grad schon. Es sind immer die aktivsten und gebildetsten Menschen, die aus Bürgerkriegen flüchten, Tausende Kilometer reisen und dabei ihr Leben riskieren. Damit wird der Opposition Kraft entzogen. Ausserdem fehlen diese Menschen später, um nach dem Krieg wieder einen Rechtsstaat zu installieren und das Land wiederaufzubauen.
Dieses Problem löst man indem man im betroffenen Land oder möglichst nahe am Land Schutzzonen einrichtet.
Wenn sich Menschen drei Jahre in einem Flüchtlingslager aufhalten, bleiben sie mit dem Heimatland in Kontakt und werden auf die Rückkehr nach dem Kriegsende vorbereitet.
Wenn sie drei Jahre in Berlin leben, werden sie auf ein Leben in der Wohlstandsgesellschaft vorbereitet.
Ein Flüchtlingslager für vier Millionen Syrer?
Das Konzept ist erprobt. Im Golfkrieg 1991 errichtete man erfolgreich eine Schutzzone für Kurden im Nordirak. Bereits heute sorgt das UNHCR für die Sicherheit und den Unterhalt von 2 Millionen syrischen Flüchtlingen in der Türkei und in Jordanien. Sie wohnen zum Teil in Lagern, zum Teil bei Privaten. Ausserdem verwahre ich mich gegen das Klischee, dass Flüchtlingslager Orte sind, in denen Menschen per se leiden oder gar sterben. In einem gut geführten Flüchtlingslager können die Menschen in Würde leben und die Kinder zur Schule gehen. Flüchtlingslager kosten Geld, nicht die Türkei soll dafür aufkommen müssen, sondern die Golfstaaten und die OECD-Länder.
Bei einem Problem dieser Grösse und Komplexität kommt die Internationale Gemeinschaft nicht darum herum, Regeln festzuschreiben und Kategorien zu schaffen. Es gibt Menschen, die gemäss der Definition der Flüchtlingskonvention verfolgt sind und unseren Schutz brauchen. Es gibt Menschen, die vor Kriegshandlungen fliehen. Und es gibt Menschen, die auf der Suche nach einem besseren Leben sind.
Man muss diese drei Kategorien separat behandeln.
Vor allem wegen der Sogwirkung auf Nachahmer der dritten Kategorie. Menschen, die gemäss Völkerrecht Anspruch auf Asyl haben, gibt es nicht in beliebiger Zahl. Damit kann Europa umgehen. Arbeits-Migranten gibt es theoretisch Milliarden. Wenn man sie mit der gleichen Grosszügigkeit aufnimmt, ziehen sie weitere nach.
Migration kann die grundlegenden Unterschiede zwischen Armen und Reichen, zwischen Kriegsversehrten und Kriegsverschonten, nicht beseitigen. Diese Unterschiede müssen mit Entwicklungshilfe und politischen und wirtschaftlichen Reformmassnahmen in den betroffenen Ländern abgebaut werden. Nicht indem man möglichst viele Arme in reiche Länder umsiedeln lässt.
Bei der Diskussion um Flüchtlinge fokussiert die SVP auf Missbräuche und die Grenzen der Kapazität, die SP auf Solidarität und die humanitäre Tradition der Schweiz. Was halten Sie von diesen Diskussionen?
Max Frisch sagte treffend: Wir wollten Arbeitskräfte, es kamen Menschen.
Heute wollen wir nur echte Flüchtlinge, doch es kommen Menschen, unter denen einige lügen und Pässe fälschen.
Es scheint mir wichtig, die Migrationsproblematik weniger mit dem Gefühl und mehr mit dem Verstand anzugehen.
Auf die aktuelle Situation bezogen hiesse dies, dass wir auf technische Probleme mit technischen Lösungen reagieren sollten, auf menschliche Probleme mit Menschlichkeit.
Hilfreich dafür wäre natürlich, wenn man das Thema Migration so weit als möglich aus dem Links-rechts-Schema heraushalten könnte.
Flüchtlingsvokabel
Refugee Phrasebook ist ein mehrsprachiges Booklet mit Vokabeln und
Phrasen, um Ankommende bei der Orientierung nach der Einreise zu
unterstützen. Es handelt sich um ein nichtkommerzielles Projekt,
unabhängig von einer politischen Agenda und ohne den Anspruch auf
persönliche Autorschaft. Das Buch enthält ärztliches Vokabular in 28
Sprachen (von Herkunftsländern der Geflüchteten und anderen EU-Ländern).
http://www.refugeephrasebook.de
http://www.refugeephrasebook.de
Ein Aufruf zu mehr Haltung des Westens
Aus Angst wie aus Bequemlichkeit regiert in der Konfrontation mit dem militanten Islam das große Appeasement.
Viel ist in diesen Tagen die Rede von den westlichen Werten, die es zu verteidigen gelte. Was aber soll da auf welchen Wegen verteidigt werden? Welche geistigen Gründungsurkunden des Westens man auch zu Rate zieht, ob Voltaire, John Locke oder die Bibel: Überall ist Toleranz eine Übung in Standhaftigkeit und nicht ein gleichförmiges Desinteresse an allem. So aber hat sich der Westen in weiten Teilen in den letzten Jahren entwickelt: zur Vereinigung der Menschen, denen alles egal ist, solange niemand sie beim Lebensgenuss und dessen Verdauung stört. Toleranz aber ist ohne Haltung nicht zu haben.
Das Verhalten von Politik, Medien und Kirchen legt traurig Zeugnis ab. Es ist oft die pure Halt- und Haltungslosigkeit. Aus Angst wie aus Bequemlichkeit regiert in Ansehung des militanten Islam das große Appeasement. Zu den raschesten Äußerungen nach den Attentaten von Paris zählte im Januar 2015 die quasi regierungsamtliche Beruhigung, derlei habe mit dem Islam nichts zu tun. Islamisten seien letztlich gar keine Muslime. Barack Obama, Präsident der Vereinigten Staaten, äußerte; der Islam dürfe nicht diffamiert werden, keine Religion sei für Terrorismus verantwortlich. Kurios, verstanden sich die Mörder doch als besonders glaubenstreue Fromme auf den Spuren Mohammeds. Vor diesem Faktum verblasst jede Frage, inwieweit sie sich zu Recht oder zu Unrecht auf diese oder jene Sure beriefen. Es genügt, dass sie es taten, dass sie aus ihrem Bild des Islam die Lizenz zum Mord ableiteten. Also ist es an der Zeit, auch die Gewaltgeneigtheit dieser Religion zu thematisieren.
Das Appeasement des Westens verdient eine ebenso ernste Anfrage. Was lief schief in den Schulbänken zwischen Washington und London, Berlin und Stockholm, wenn der Westen sich zwar sonntags als Wertegemeinschaft begreift, von Montag bis Samstag aber nichts unternimmt, um diese Werte zu verteidigen? Wenn die Selbstzensur fröhliche Urständ‘ feiert und man sich in vorauseilenden Unterwerfungsgesten übt, um weiter an der Illusion festhalten zu können vom friedlichen Nebeneinander von Freiheit und Freiheitsfeindschaft? Lieber ziehen vorgeblich aufgeklärte, in Wahrheit eingeschüchterte Mitteleuropäer potentiell anstößige Karnevalswagen aus dem Verkehr oder sagen Faschingsumzüge wie im Februar 2105 jenen von Braunschweig ganz ab, um den Freiheitsfeinden keine weiteren Angriffsflächen und Anschlagsziele zu bieten, als unverdrossen einzustehen für die Freiheit der Meinung, die Freiheit der Religion, die Freiheit der Versammlung und, sämtliche Freiheiten überwölbend, die Gleichheit aller Menschen von Geburt an.
Die Terrorbrigade „Islamischer Staat“ begreift sich auf einem Eroberungszug über das Mittelmeer hin, Rom fest im Blick. Und Rom ist neben Jerusalem und Athen einer der drei Pfeiler dieses großen zivilisatorischen Projekts namens Westen oder Abendland. Fällt Rom, ist der Westen Geschichte. Damit Rom nicht fällt, muss der Westen sich seines inneren Kompasses neu vergewissern. Eine einmalige Vergangenheit, eine ganz außerordentliche Emanzipationsgeschichte, muss aktualisiert werden – solange deren Restbestände uns noch zu Gebote stehen, wir noch frei greifen können nach dem Quell unserer Freiheiten.
Der Westen, verstanden als große Freiheitserzählung, könnte sonst in der Stunde seiner größten Bewährung vor dieser Herausforderung kapitulieren. Er könnte seiner Sprachunfähigkeit zum Opfer fallen, könnte implodieren in einem ohrenbetäubenden Schweigen, eingehen an innerer Auszehrung. Der britische Historiker Niall Ferguson nennt die „vielleicht schlimmste Bedrohung des Westens“ nicht den radikalen Islamismus oder „eine andere von außen kommende Kraft, sondern unser mangelndes Verständnis für und fehlendes Vertrauen in unser eigenes kulturelles Erbe.“
Alexander Kisslers neues Buch
"Keine Toleranz den Intoleranten - Warum der Westen seine Werte verteidigen muss" ist ein entschiedener Aufruf, die Meinungs- und Religionsfreiheit selbstbewusst zu stärken.