29.12.13

 

Weihnachten - Das Wagnis der Verwundbarkeit

Woher kommt die faszinierende Kraft der Weihnachtsgeschichte? Hat sie vielleicht damit zu tun, dass sich darin alles um ein neu geborenes Kind dreht, winzig, schutzbedürftig und – verwundbar? Doch nicht nur der neugeborene Jesus ist verletzlich, auch die Menschen in seinem Umfeld zeigen sich als verwundbar und schutzbedürftig: Maria und Josef zum Beispiel, die bei der Herbergssuche abgewiesen wurden.

Die Weihnachtsgeschichten erzählen davon, wie leidenschaftlich und zugleich verletzlich Menschen sind. Wie gehen sie damit um? Setzen sie auf Selbstschutz oder wagen sie wie Jesus Christus Hingabe?

Anhand dieser Beobachtung ermöglicht Hildegund Keul einen ganz neuen Zugang zur Weihnachtserzählung. Was in dieser Geschichte sichtbar wird, begreift sie als einen Wesenszug, der alle Menschen verbindet: Wir sind alle verletzlich und brauchen Menschen in unserer Nähe, die uns nahe sind und Schutz gewähren. Ein nachdenkliches Buch für die stille Zeit.

Ein faszinierendes Buch von Hildegund Keul
(Patmos-Verlag)


Rezensionen:

Der Autorin ist ein sehr sensibles Buch gelungen. Das Geheimnis der Weihnacht wird, abseits von allem Kitsch und Glamour, auf das wesentliche Ereignis, die Menschwerdung Gottes, konzentriert. Gott macht sich durch seine Inkarnation verwundbar, wie wir Menschen verwundbar sind. Die Autorin blickt auf die einzelnen Personen der biblischen Krippenszene und betrachtet sie unter dem Fokus der Verwundbarkeit (z.B. Maria, Josef, das Kind) bzw. des gezielten Wunden zufügens (z.B. Herodes, Schriftgelehrte). Die Autorin selbst: Die Evangelien bieten ... eine Alternative an, wie man ganz anders mit Verwundbarkeit umgehen kann. Sie erzählen, wie Menschen bereitwillig eigene Ressourcen hergeben, um Andere in ihrer Verletzlichkeit zu schützen. Sie riskieren ihre eigene Verwundbarkeit, damit die Lebenschance Anderer wachsen kann." Es ist ein Buch, nicht nur für Weihnachten, sondern lebensrelevant für alle Tages des Jahres. Es führt auch zur Selbstreflexion, wo ich verletze oder verletzt wurde. 

Hildegund Keul erschließt die Weihnachtserzählungen der Bibel aus einer zeitgenössischen Sicht. Da wird der machtgierige Herodes mit seiner Spionagestrategie plötzlich zum Prototyp diktatorischer Regime, die lieber andere verwunden oder sogar töten, bevor sie evtl. selber angegriffen werden. Auch das Wegschauen der Herbergsleute, die mit der schwangeren Maria nichts zu tun haben wollen ist verblüffend aktuell und eine psychologische Schutzreaktion genauso wie das gelehrte Wissen der Schriftgelehrten, die die Gefahr erkennen und doch mit den Herrschenden gemeinsame Sache machen. Das politisch-strategische Handeln der Akteure von damals bekommt eine neue Brisanz angesichts globaliserter Spionagetätigkeit, Totalüberwachung oder moderner Kriegsführung. Dabei geht es auch anders: Menschen wie Maria und Josef setzen auf Menschlichkeit, Hingabe, Einsatz für Schwächere. Sie bleiben verwundbar, müssen fliehen und geben dem neugeborenen Kind Schutz und das Lebensnotwendige. Ausgerechnet die armen und randständigen Hirten und Hirtinnen sind für diese Botschaft der Humanität und Nächstenliebe offen und machen sich - genauso wie die wissbegierigen Sterndeuter - auf den Weg, um das Kind in der Krippe zu suchen. Sie bleiben neugierig, sind bereit zu lernen und zu teilen. Das theologisch fundierte Buch kommt ohne Pathos und Dogmatisierungen aus. Gleichzeitig erschließt es das Wunder der Weihnacht von der menschlichen Verwundbarkeit her, die nun einmal unser Leben kennzeichnet. Es regt an über Glitzerkugeln und Weihnachtsbraten hinaus über die Grundfesten menschlichen Zusammenlebens nachzudenken und der Spur der Liebe zu folgen, zu der Menschen jenseits von Misstrauen, Fundamentalismen und Egoismen aller Art immerhin auch fähig sind.


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