28.12.14

 

Die Spätzeit des Christentums hat begonnen

In Deutschland hat die Spätzeit des Christentums begonnen. Diese These vertritt der Journalist Markus Günther in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. In vielem gleiche die Kirche in Deutschland heute der späten DDR – „sieht stabil aus, steht aber kurz vor dem Kollaps“. Und wie in der späten DDR machten sich viele Pfarrer und Bischöfe etwas vor. Sie sähen blühende Landschaften, wo längst Wüste sei, schreibt Günther. Bei der Selbsttäuschung hülfen die glänzenden Fassaden der Kirchen und die stabilen Strukturen. So gebe es in Deutschland 45.000 Kirchengebäude. In diesem Jahr nähmen die beiden großen Kirchen so viele Steuern ein wie nie zuvor. Die deutsche Kirchenmusik sei die beste der Welt und die Kirchen seien der zweitgrößte Arbeitgeber in Deutschland. Allerdings könne eine Kirche weder als Arbeitgeber noch als Stütze des Sozialsystems ernst genommen werden, sondern nur als Glaubensgemeinschaft, so der Autor. Die gemeinsamen Glaubensinhalte aber hätten sich weitgehend in Luft aufgelöst. So glaube nur ein Drittel der Deutschen an die Auferstehung Jesu von den Toten, obwohl laut Statistik zwei Drittel Kirchemitglieder sind. Aber es sei noch viel schlimmer: Selbst unter den Gläubigen würden zentrale Inhalte der christlichen Botschaft massenhaft abgelehnt. So glaubten 60 Prozent nicht an ein ewiges Leben. Günther: „An Ufos glauben zwischen Flensburg und Oberammergau mehr Menschen als an das Jüngste Gericht.“

Einen Hauptgrund für die schwindende Bedeutung der Kirchen sieht Günther darin, dass sie zentrale Glaubensinhalte längst aufgegeben haben. „Politische Programme müssen zeitgemäß sein, Unterhaltungsangebote auch; eine Religion muss absolute Wahrheiten für sich in Anspruch nehmen können – oder es ist keine Religion.“ Stattdessen sei in den Kirchen beim Versuch, niemanden zu verprellen und den Zugang zum Glauben möglichst leicht zu machen, vieles weichgespült worden: „Aus Jesus als ‚Sohn Gottes’ wurde Jesus, ein vorbildlicher Mensch wie Buddha und Gandhi auch. Aus der Auferstehung Christi wurde eine Legende, die man nicht wörtlich nehmen soll, sondern mehr so im Sinne von ‚Wer im Herzen seiner Lieben lebt, ist nicht tot’.“ Der kleinste gemeinsame Nenner dieser Verkündigung bestehe vielfach nur noch aus einer Wohlfühlprosa – „Frieden in der Welt, mehr Gerechtigkeit für alle“. Ein Appell der Unesco oder von Greenpeace klinge auch nicht viel anders, so Günther: „Gott braucht’s dafür nicht.“

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