Er heißt
Merkel-Plan: Die EU zahlt der Türkei sechs Milliarden Euro, erlaubt die
visafreie Einreise türkischer Staatsbürger und nimmt mit der
Erdogan-Regierung ? trotz bestehender Pressezensur,
Menschenrechtsverletzungen und indirekter Unterstützung der Terrormiliz
IS ? wieder EU-Beitrittsverhandlungen auf. Für jeden aus Griechenland
zurückgeschickten Syrer darf die Türkei einen anderen aus einem
Flüchtlingslager in ein EU-Land schicken. Die Kosten für den Flug tragen
die Steuerzahler aus Deutschland oder Österreich. Im Gegenzug soll die
Türkei die Grenzen sichern. So verhandelte es die EU im März mit der
Türkei aus. Doch der Plan dafür stammte gar nicht von Angela Merkel,
nach der er benannt ist. Stattdessen steckt eine allgemein unbekannte
Organisation dahinter: die Denkfabrik namens Europäische
Stabilitätsinitiative ESI. Chef ist der gebürtige Wiener Gerald Knaus.
Er studierte an der Eliteuniversität Oxford, hat enge Bande zur linken
Stadtzeitung Falter und ist Gründungsmitglied einer Denkfabrik des
US-Turbo-spekulanten George Soros, dem European Council on Foreign
Relations. Knaus? eigene Denkfabrik ESI ist nach seinen Angaben eng mit
ranghohen Personen der NATO, Weltbank oder aus Kabinetten der
EU-Kommissare vernetzt. Mitte April ließ Knaus in der deutschen
Tageszeitung Die Welt auch Näheres zur Umsetzung des Plans wissen: ?Die
türkische Seite erwartet, dass die Europäer in wenigen Wochen damit
beginnen, jährlich etwa 250.000 Syrer aus der Türkei aufzunehmen.?
Jährlich. Davon hatten die Medien zuvor nichts berichtet. Wenn von
Europäern die Rede ist, sind allerdings nur wenige Länder gemeint: vor
allem Deutschland, Österreich, Schweden und die Niederlande.
Forderung: syrische Städte in (Mittel-)Europa
Doch
die 250.000 Syrer dürften nur die Spitze des Eisbergs sein. Die
ebenfalls von den Hauptstrommedien sehr geschätzte Freiburger Denkfabrik
prognostiziert, dass alleine heuer zwischen 800.000 und 5,4 Millionen
Flüchtlinge nach Deutschland kommen würden. Zum Vergleich: Das ist
mindestens das Fünffache des Vorjahreswertes. Eine weitere deutsche
Denkfabrik, das European Democracy Lab (Europäisches Demokratie-Labor),
forderte die zuständigen Politiker auf, Flüchtlingen Bauland mitsamt
Infrastruktur und Wohncontainern zur Verfügung zu stellen. Die fremden
Siedlermassen könnten ganz wie zu Hause weiterleben, unter sich bleiben
und hätten dieses Land ?frei zur Gestaltung?. Zerstörte syrische Städte
entstünden zum Beispiel als Neu-Aleppo und Nigerianer könnten etwa ihre
Stadt Ondo hier nochmals errichten. Und weiter: ?Europa ist groß (und
demnächst leer) genug, um ein Dutzend Städte und mehr für Neuankömmlinge
aufzubauen.? Auf Integration solle verzichtet werden. Verfasst wurde
der Text von der Denkfabrik-Gründerin Ulrike Guérot und dem
österreichischen Schriftsteller Robert Menasse, beide EU-Fanatiker. Der
Chefredakteur des deutschen alternativen Magazins Compact, Jürgen
Elsässer, war einer der wenigen Prominenten, der empört reagierte: ?Wie
irre ist das? Wer Aleppo nach Europa holt, der holt Bürgerkrieg, Blut
und Untergang nach Europa.? Das sei nichts anderes als ?eine
Untergangsvision?. Oftmals seien Mitglieder von Denkfabriken ?zu klarem
oder intelligentem Denken nicht fähig?, meint generell der kritische
Journalist und Politkexperte William Engdahl, der 2015 ein Buch zu dem
Thema herausbrachte.
Bei
den genannten Beispielen handelte es sich um kleine Denkfabriken, die
in der Vergangenheit wie zuhauf entstanden. Auch wenn sie schöne
Bezeichnungen wie ?Stabilität? oder ?Demokratie? in ihren Namen tragen,
bezwecken sie ? wie oben dargestellt ? oft genau das Gegenteil. Begierig
veröffentlichen Hauptstrommedien meistens unkritisch ihre Botschaften.
So geschah das auch mehrmals bei der jungen österreichischen Denkfabrik
Agenda Austria, die vom ehemaligen Journalisten Franz Schellhorn (Die
Presse) gegründet wurde. Sie ist unter anderem eine Fürsprecherin des
umstrittenen EU-USA-Freihandelsabkommens TTIP.
Große Denkfabriken: im Sinne mächtiger Familien
Doch
es gibt noch ganz andere Kaliber. Sie heißen Trilaterale Kommission,
Bilderberger, Chatham House oder Council on Foreign Relations. Auch sie
sind den meisten Menschen unbekannt. Aber so mächtig, dass sie über
gezielte Manipulation die Welt lenken ? im Sinne weniger Familien wie
den Rockefellers oder Rothschilds und damit auch im Sinne einer
aggressiven US-Politik, wie der Buchautor und Geopolitik-Experte Engdahl
enthüllt. Er zeigt auf, dass die großen Denkfabriken wie ein
Spinnennetz miteinander verwoben sind. Mit Berichten und Studien
manipulierten sie Politiker ? egal ob im US-Kongress, in der EU oder im
österreichischen Parlament.
Ziel
sei es, jeden Aspekt des täglichen Lebens zu beherrschen: Bildung,
Ernährung, Gesundheit, Bevölkerung, Zuwanderung, Kommunikation,
Transport, Handel, Landwirtschaft oder Umwelt. Dafür nutzten sie nicht
gewählte, internationale Organisationen wie die EU, den Internationalen
Währungsfonds, die Welthandels-organisation WTO oder die Weltbank.
Durchgesetzt würden die Interessen militärisch über die NATO oder
wirtschaftlich über neue Freihandelsabkommen wie TTIP oder CETA
(zwischen EU und Kanada).
?Die
wichtigsten Washingtoner Denkfabriken arbeiten in dieselbe Richtung und
teilen sich Führung und Sponsoren. Das macht sie viel einflussreicher,
als es eine Denkfabrik je sein kann?, sagt Engdahl.
Die
Mütter aller Denkfabriken sind das britische Chatham House und ihr
US-amerikanischer Ableger New York Council on Foreign Relations (CFR).
Sie wurden 1919 von der britischen Geheimgesellschaft Round Table (dt.:
runder Tisch) bei den Friedensverhandlungen von Versailles in Paris
gegründet. Ziel sei es gewesen, die britisch-US-amerikanische
Vorherrschaft aufrechtzuerhalten ? und Deutschland klein zu halten. Aus
dem New York Council on Foreign Relations seien unter Federführung der
Rockefeller-Familie mächtige, oft streng geheim agierende weitere
Denkfabriken wie die Bilderberger, die Trilaterale Kommission oder das
Aspen Institute hervorgegangen. Allen sei ein Ziel gemeinsam: die
Zerschlagung des Nationalstaates und die Plünderung der Staaten durch
eine schrankenlose Privatisierung des öffentlichen Eigentums.
Bilderberger und Rockefeller: ?Sind Internationalisten und Verschwörer?
Die
wahrscheinlich bekannteste Denkfabrik ist die der Bilderberger. Benannt
sind sie nach dem Hotel Bilderberg in Oosterbeek in den Niederlanden.
Dort trafen sich das erste Mal unter strenger Geheimhaltung ausgewählte
Politiker, Banker, Industrielle, Wissenschaftler und Journalisten. Jedes
Treffen läuft hinter verschlossenen Türen ab. Verschwiegenheit steht an
oberster Stelle. Voriges Jahr, als das Bilderberg-Treffen in Telfs in
Tirol stattfand, wurden die rund 130 Teilnehmer von mehr als 2.000
Polizisten beschützt. David Rockefeller feierte hier seinen 100.
Geburtstag. In seiner 2006 erschienenen Autobiogragrafie hatte er
geschrieben: ?Manche glauben gar, wir seien Teil einer geheimen Kabale,
die entgegen den besten Interessen der USA arbeitet, charakterisieren
mich und meine Familie als Internationalisten und Verschwörer, die
gemeinsam mit anderen weltweit eine integriertere globale politische und
wirtschaftliche Struktur schaffen ? eine Welt, wenn Sie so wollen. Wenn
das die Anklage ist, dann bin ich schuldig, und ich bin stolz darauf.?
Österreicher bei den Bilderbergern
Bei
diesen ?Internationalisten und Verschwörern? waren alle
österreichischen Bundeskanzler und Bundespräsidenten der vergangenen
Jahrzehnte zu Gast. Sie drückten den EU-Beitritt durch (1994/95),
wollten den NATO-Beitritt Österreichs (1998), höhlten ständig die
Neutralität aus, freuten sich über die Abschaffung des Schillings
(1999/2002), unterschrieben den EU-Diktatur-Vertrag von Lissabon (2008),
hoben für Milliardenzahlungen zur Euro- und Bankenrettung (ab 2010) die
Hand, setzten sich ? allerdings erfolglos ? für die Abschaffung der
Wehrpflicht in Österreich (2013) ein oder ermöglichten durch die
Grenz-öffnung die Flüchtlingswelle (2015). Werner Faymann nahm offiziell
drei Mal teil, Heinz Fischer und Alfred Gusenbauer je zwei Mal und
Franz Vranitzky gleich 15 Mal. Wolfgang Schüssel, Thomas Klestil und
Bruno Kreisky waren je einmal dabei. Der Herausgeber der Tageszeitung
Der Standard, Oskar Bronner, war seit 2005 bis zuletzt jedes Jahr
eingeladen ? und berichtete als angeblich kritischer Medienmann kein
einziges Mal über den Inhalt der Gespräche. Als er im Vorjahr mit
anderen Bilderbergern während des Jahrestreffens in einem Reisebus
sitzend fotografiert wurde, hielt er sich verschämt die Hand vors
Gesicht. Eine Weltverschwörung sei das Treffen trotzdem nicht, erklärte
er.
Genau vom
Gegenteil berichtet William Engdahl: Er war zu einem Dokument gekommen,
das zeigt, welche Macht da am Werk ist. In dem Papier ist die Rede
davon, dass die Bilderberger unter anderem den Ölschock im Jahr 1973
organisiert hätten. Der Ölpreis vervierfachte sich und rettete wie
beabsichtigt den schwächelnden Dollar. Auch erklärte der Präsident der
Bilderberg-Konferenz und Ex-EU-Kommissar Etienne Davignon, dass die
Bilderberger an der Einführung des Euro maßgeblich beteiligt gewesen
seien.
Aber wahrscheinlich sind
das alles nur Spinnereien.
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