7.11.17
Sind die Religionen am Ende?
Dieser skeptischen Frage steht eine ermutigende andere Beobachtung
gegenüber: allerdings nicht einfach die allenthalben sprießende
Religiosität, die sich im Gegenzug zu Ängsten aller Art ausbildet und
auch schon treffend „Religiosität ohne Gott“ genannt wurde. Ihre
Merkmale sind eher eine verwilderte „Spiritualität“, die ohne
verantwortliche Führung ins Esoterische und sogar Scharlataneske
ausufert.
Vielmehr gilt das Augenmerk einer Wende: Namhafte europäische
Intellektuelle beschäftigen sich (wieder) mit Religion, genauer: mit der
biblischen Ausleuchtung Gottes. Auch wenn die Kirche zweifellos – in
Europa – nicht mehr eine Breitenwirkung erreicht, so ist doch eine
vertiefte geistige Auseinandersetzung mit dem Christentum zu beobachten.
Auch „religiös unmusikalische“ Schriftsteller, Künstler,
Geisteswissenschaftler gehen großen ungelösten Fragestellungen wie
Schuld und Vergebung, Sinn, Alterität (Bedeutung des Du), Erlösung,
Leben als – naturwissenschaftlich nicht zu „knackendes“ – Geheimnis
nach. Kurz: Eine Aufklärung über die allzu naive Aufklärung bricht sich
Bahn, die den Glauben als willkommene Denkanregung fruchtbar macht.
Offenkundig gibt es eine Erfahrung, dass sich Antworten vertiefen, wenn
sie der Spur der biblischen Erfahrungen nach-denken.
Der Vortrag geht auf Namen und Thesen einer solchen neuen Grammatik von
Denken und Religion ein.