29.12.13

 

Frauen in der Kirche



Das Interview, das Maria Voce der italienischen Ausgabe der Zeitschrift »Neue Stadt« zum Thema Frauen und Kirche gewährt hat, ist hochinteressant, sowohl ihrer Bedeutung wegen – sie ist mit Sicherheit die prominenteste Frau der katholischen Welt, insofern sie Präsidentin der größten Bewegung, der Fokolarbewegung, ist – als auch wegen ihres Mutes und der Weitsicht ihrer Vorschläge.

Das Interview beginnt mit einem Verweis auf das Apostolische Schreiben Mulieris dignitatem, das bislang kaum umgesetzt wurde, das aber seiner prophetischen Weitsicht wegen berücksichtigt werden sollte: »Seine progressive Umsetzung wird in dem Maße erfolgen, wie die Zeiten dafür reif werden und die Frauen es zu verstehen wissen, angemessene Beiträge zu leisten.« Diese Art und Weise, das Problem unter anderen Vorzeichen zu lesen, ist hochinteressant: statt die Männer zu beschuldigen, den Frauen nicht Platz gemacht zu haben, spricht sie in dem Interview von dem Moment, in dem die Frauen »angemessene Beiträge« leisten werden, wobei sie bereits voraussetzt, dass dieser Umbruch stattfinden wird.

Im übrigen gibt es bereits jetzt Frauen, die zur Zusammenbereit fähig sind. Das ist den nachfolgenden Antworten zu entnehmen, in denen Maria Voce der Sorge Ausdruck verleiht, dass das Problem nicht etwa dadurch beantwortet wird, dass man zwei oder drei Frauen Schlüsselstellen überträgt, sondern dass vielmehr »das ganze kirchliche Gefüge dazu bereit ist, die Autorität von Angehörigen des weiblichen Geschlechts auch in den Bereichen zu akzeptieren, wo die für die Kirche wichtigsten Entscheidungen getroffen werden«. Ohne diesen Mentalitätswandel kann es keine wirkliche Veränderung der Stellung der Frau geben, sondern nur einige »Vorzeigefrauen«, die zur Schau gestellt werden, um keinen Image-Schaden davonzutragen.

Die Präsidentin der Fokolarbewegung hofft hingegen auf einen wahren und tiefgehenden Wandel: sie will nicht nur, dass die Eigenschaften der Frau – die sie im Hinblick auf die anderen Menschen als eine Beziehung der Liebe und des Loslassens definiert – wahrhaft anerkannt werden, dass zugleich aber auch nach den Gedanken der Frauen gefragt wird und dass man auf sie hört.

Sie räumt allerdings ein, dass die Frauen zumindest teilweise selbst für die derzeitige Lage verantwortlich sind, da sie es ohne zu protestieren akzeptiert haben, um den Preis des männlichen Schutzes untergeordnete Rollen zu spielen. Heutzutage unterliegt diese Situation rasanten Veränderungen, bis an den Punkt, dass man nun an einen zahlenmäßig alles andere als schwachen Einzug der Frauen in die Beratungs-, Lehr- und Entscheidungsgremien denken kann, und auch in ein Beratergremium des Papstes, das sich aus Männern und Frauen zusammensetzt. Und sie bekräftigt ganz unumwunden: »Ich wäre begeistert, wenn es ein solches Gremium gäbe.«

Sie schlägt ihre eigene Erfahrung weiblicher, durch die Liebe gekennzeichneter Führung als Modell für die ganze Kirche vor und erinnert daran, dass diese Erfahrung – die eine Charakteristik der Fokolarbewegung ist – auf einem Aspekt der Gestalt Mariens aufbaut, »der nach wie vor kaum in Betracht gezogen wird, nämlich als Mutter der Kirche, als derjenigen, die sämtliche Aspekte der Kirche in sich birgt.«

In der Praxis wird diese Art der weiblichen Führung noch nicht überall anerkannt. Das ist einem gewichtigen Detail zu entnehmen, das Maria Voce mit einer gewissen »Ratlosigkeit« anführt, und zwar die fehlende Möglichkeit, dass bereits geweihte Priester in der Bewegung inkardiniert werden. Möglicherweise deshalb, weil sie sich, wie jemand mutmaßen könnte, einer Frau gegenüber – der Präsidentin der Bewegung – in einer untergeordneten Stellung finden könnten.

Die Fokolarbewegung – das ist ein Aspekt, der jedem ins Auge sticht, der mit ihnen in Berührung kommt – ist einer der wenigen Orte der katholischen Welt, wo Männer und Frauen zum Wohl der Kirche zusammenarbeiten, wo der Unterschied zwischen den Geschlechtern Zusammenarbeit, nicht Gegensatz wird. Und gerade aus diesem Grund ist Maria Voce eine der am besten qualifizierten Persönlichkeiten, um über die nötige Zusammenarbeit zwischen Männern und Frauen zu sprechen, um die Präsenz von Frauen zumindest in den Vorbereitungsphasen eines Konklaves vorzuschlagen, um Papst Franziskus dazu zu raten, ihrer familiären Erfahrung als Mutter und Großmutter zu vertrauen, den Frauen zu vertrauen, die er im Lauf seines Lebens gekannt hat, mit denen er »tiefe und authentische Kontakte« aufgebaut hat, um an eine neue Rolle für die Frauen in der Kirche zu denken.

Maria Voces Worte lassen klar verstehen, dass die gerechten Forderungen nach einer richtigen Anerkennung der weiblichen Präsenz in der Kirche nicht nur von Seiten radikaler Gruppierungen kommen, die die Frauenordination fordern, sondern auch von Seiten qualifizierter und maßvoller Persönlichkeiten. Hinter denen mit Sicherheit die Mehrheit der Frauen steht, die zur Kirche gehören.



Interview mit Maria Voce

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