27.3.18
Ostern und Pessach
In dieser
Woche erinnern sich Christinnen und Christen an den Leidensweg und Tod Jesu am
Kreuz und feiern das Fest der Auferstehung. Von den ersten Zeugen an wurden
diese Ereignisse in Zusammenhang mit dem jüdischen Pessachfest gebracht und
Jesus selbst als das Pessach- oder Paschalamm, dessen Blut erlöst, betrachtet.
Ostern
ist daher ohne Pessach nicht verständlich, aber auch die Pessachtradition hat
sich im Laufe der Zeit gerade im Umgang mit Christinnen und Christen weiter
entwickelt. Beide Feste teilen einen Grundgedanken. Sie sind zuerst
Leidensgedächtnisfeiern und dann Freudenfeste. Pessach, hebräisch - oder
Pascha, aramäisch und griechisch, erinnert an das Leiden, die Unterdrückung,
die Ausbeutung der Israeliten in Ägypten.
Zu
Pessach gedenkt man der schrecklichen Zustände während des Aufenthalts in der
Fremde, erinnert an die Sklavenarbeit, an die Demütigung durch die
Herrschenden, als das Volk hoffnungslos und am Sterben war. Von daher ist
Pessach immer auch eine Besinnung auf die Bedingungen, unter denen Jüdinnen und
Juden leben, keineswegs nur in Ägypten, das in diesen Erzählungen mehr Symbol
ist als realer Staat.
Das
biblische Ägypten ist Sinnbild der überbordenden, dabei sich in Hybris selbst
vernichtenden Macht. Im Pharao erkennen wir zu allen Zeiten den Typus des
blindwütigen, gegen jede Vernunft handelnden hartherzigen Machtmenschen.
Niemals sollen die Israeliten diese dunklen Stunden ihrer Existenz vergessen,
in denen sie Leiden ertragen mussten. Daher gehört die Erinnerung an das Leben
in Ägypten zum Grundbestand der Feier und zum kollektiven Gedächtnis. Während
also für das Judentum Pessach ein Fest darstellt, in dem das Volk seines
Leidens UND seiner Rettung gedenkt, konzentriert sich das christliche Ostern
auf das Leiden UND die Rettung eines Einzelnen, dem eine besondere Rolle in
diesem Volk Israel zukommt. Leid und Tod werden triumphal überwunden. Letztlich
überstrahlt die Freude des Osterfestes das Leidensgedächtnis der Passion
genauso wie Juden ihr Pessach-Mahl in Freude und als befreite Menschen zu sich
nehmen. Die Botschaft von Pessach und Ostern ist daher im Prinzip die gleiche
und lautet "vom Leiden in die Freude" oder "vom Tod ins
Leben".
Gerhard Langer, katholischer Theologe und Judaist