2.5.18
Die Figur des Arbeiters - Vom Working Class Hero zur anonymen Massenproduktion
"A Working Class Hero is something to be"
konnte John Lennon noch 1970 singen: Ein Held aus der Arbeiterklasse -
das ist doch was. Heute tut man sich schwerer mit dieser
Begrifflichkeit: Wie lässt sich das Wesen des Arbeiters bestimmen in
einer globalisierten Gesellschaft, in der Automation, technologischer
Fortschritt, Robotik, künstliche Intelligenz und beschleunigte
Kommunikationswege die herkömmliche Arbeitswelt komplett transformiert
haben?
Die Zahl der Männer und Frauen, die als, laut Duden, "abhängig Beschäftigte, die überwiegend körperliche Arbeit in der Produktion verrichten und Zeit- oder Leistungslohn beziehen" hat sich seit den 1960er Jahren substantiell verkleinert. Der Arbeiter/die Arbeiterin als Adressat traditioneller sozialdemokratischer Politik ist eine Figur des Verschwindens.
Prekäre Arbeits- und Lebensverhältnisse wie ein nicht enden wollendes, schlecht bezahltes Praktikantendasein existieren jedoch auch heute noch, die industrielle Erwerbsarbeit ist in die asiatische Sweatshop-Ökonomie oder die lateinamerikanischen Maquiladoras ausgewandert. Der amerikanische Urbanist und Soziologe Mike Davis spricht gar von einer "informellen Arbeiterklasse" und meint damit junge urbane Menschen, die in keiner Weise formell mit der Weltwirtschaft in Verbindung stehen und vorwiegend in Slums zu überleben versuchen.
Der Arbeiter jedoch als gesellschaftliche Triebkraft und als Symbol des Veränderungswillens lebt bestenfalls noch in der Festtagsrhetorik des 1. Mai auf.
Dabei hat er als Wunsch- oder Schreckensproduktion das gesamte 20. Jahrhundert dominiert: Für Karl Marx war die Arbeiterklasse jene gesellschaftliche Kraft, die als historische Mission die Entfremdung der kapitalistischen Produktion beseitigen soll.
Im real existierenden Kommunismus nach der Oktoberrevolution wurde die Glorifizierung des Arbeiters, etwa in der Stachanow-Bewegung, institutionalisiert, die DDR zeichnete ab 1950 "Helden der Arbeit" aus.
Auch in rechten Milieus tauchte der Arbeiter auf: Der nationalkonservative Autor Ernst Jünger entwarf ihn in seiner Schrift "Der Arbeiter" (1932) als elementare Macht, die in die saturierte bürgerliche Welt einbricht und sie bis zu deren endgültigem Verschwinden überformt.
Doch schon in den 1950er Jahren nahm die Strahlkraft des Arbeiters und der Arbeiterin als Symbolfigur im Dienste unterschiedlicher Ideologien ab: Hannah Arendt beschrieb die "Aussicht auf eine Arbeitsgesellschaft, der die Arbeit ausgegangen ist", ein Topos, der seither immer wieder aufgenommen und aktualisiert wurde.
So mag sich die Arbeiterklasse als Traditionsfigur aus zeitgenössischen politischen Szenarien verabschiedet haben, nicht jedoch als "hauntologische" Projektion im Sinne des Philosophen Jacques Derrida: Als "Heimsuchung" der Gegenwart durch Ideen aus der Vergangenheit, wodurch die Endlichkeit jedweder Geschichte in Frage gestellt wird.
Ö1
Die Zahl der Männer und Frauen, die als, laut Duden, "abhängig Beschäftigte, die überwiegend körperliche Arbeit in der Produktion verrichten und Zeit- oder Leistungslohn beziehen" hat sich seit den 1960er Jahren substantiell verkleinert. Der Arbeiter/die Arbeiterin als Adressat traditioneller sozialdemokratischer Politik ist eine Figur des Verschwindens.
Prekäre Arbeits- und Lebensverhältnisse wie ein nicht enden wollendes, schlecht bezahltes Praktikantendasein existieren jedoch auch heute noch, die industrielle Erwerbsarbeit ist in die asiatische Sweatshop-Ökonomie oder die lateinamerikanischen Maquiladoras ausgewandert. Der amerikanische Urbanist und Soziologe Mike Davis spricht gar von einer "informellen Arbeiterklasse" und meint damit junge urbane Menschen, die in keiner Weise formell mit der Weltwirtschaft in Verbindung stehen und vorwiegend in Slums zu überleben versuchen.
Der Arbeiter jedoch als gesellschaftliche Triebkraft und als Symbol des Veränderungswillens lebt bestenfalls noch in der Festtagsrhetorik des 1. Mai auf.
Dabei hat er als Wunsch- oder Schreckensproduktion das gesamte 20. Jahrhundert dominiert: Für Karl Marx war die Arbeiterklasse jene gesellschaftliche Kraft, die als historische Mission die Entfremdung der kapitalistischen Produktion beseitigen soll.
Im real existierenden Kommunismus nach der Oktoberrevolution wurde die Glorifizierung des Arbeiters, etwa in der Stachanow-Bewegung, institutionalisiert, die DDR zeichnete ab 1950 "Helden der Arbeit" aus.
Auch in rechten Milieus tauchte der Arbeiter auf: Der nationalkonservative Autor Ernst Jünger entwarf ihn in seiner Schrift "Der Arbeiter" (1932) als elementare Macht, die in die saturierte bürgerliche Welt einbricht und sie bis zu deren endgültigem Verschwinden überformt.
Doch schon in den 1950er Jahren nahm die Strahlkraft des Arbeiters und der Arbeiterin als Symbolfigur im Dienste unterschiedlicher Ideologien ab: Hannah Arendt beschrieb die "Aussicht auf eine Arbeitsgesellschaft, der die Arbeit ausgegangen ist", ein Topos, der seither immer wieder aufgenommen und aktualisiert wurde.
So mag sich die Arbeiterklasse als Traditionsfigur aus zeitgenössischen politischen Szenarien verabschiedet haben, nicht jedoch als "hauntologische" Projektion im Sinne des Philosophen Jacques Derrida: Als "Heimsuchung" der Gegenwart durch Ideen aus der Vergangenheit, wodurch die Endlichkeit jedweder Geschichte in Frage gestellt wird.
Ö1