12.3.08
Dunkle Hellsicht
Samuel Reimarus entdeckte im 18. Jahrhundert die große Bedeutung der Eschatologie für das Christentum, Franz Overbeck im 19. Jahrhundert die große Bedeutung des Mönchtums. Persönlich hielten beide weder etwas von Eschatologie noch vom Mönchtum. Ähnlich in einer Anzahl von Fällen: Wo es um die Identität des Lebens geht, kann der Außenseiter eine Hellsicht entwickeln, die den Hauptakteuren fehlt. Der Außenseiter muß nicht glauben, was er als wesentlich für den Glauben erkennt. Die handlungsentlastete Hellsicht ist zugleich dunkel, weil sie keine Verantwortung zu übernehmen hat.
„Was siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge siehst du nicht?“ (Mt 7, 3; Lk 6, 41) Zwischen dem Balken im eigenen Auge und dem Splitter im Auge des Bruders gibt es einen nie endenden Widerstreit. Der Widerstreit ist so alt, wie der Mensch alt ist auf der Erde, nur das Wort über den Widerstreit ist jünger und zählt in der gegenwärtigen Fassung zweitausend Jahre. Von der äußeren Wirklichkeit zur inneren Erkenntnis der Wirklichkeit führt ein weiter Weg, aber viel weiter ist der Weg von der inneren Erkenntnis zur äußeren Anerkenntnis der Wirklichkeit im Handeln. Den Splitter im Auge des anderen erkenne ich leicht, aber nur mit Mühe vollbringe ich die gleiche Erkenntnis bei mir selbst, denn die Selbstwahrnehmung ist anders als die Fremdwahrnehmung nicht nur Erkenntnis, sondern Anerkenntnis, die ein Handeln erfordert. Diese Forderung bedroht meine Identität. Jeder erkannte eigene Mangel enthält den Ruf: Du mußt dein Leben ändern!
„Was siehst du den Splitter im Auge deines Bruders, aber den Balken in deinem Auge siehst du nicht?“ (Mt 7, 3; Lk 6, 41) Zwischen dem Balken im eigenen Auge und dem Splitter im Auge des Bruders gibt es einen nie endenden Widerstreit. Der Widerstreit ist so alt, wie der Mensch alt ist auf der Erde, nur das Wort über den Widerstreit ist jünger und zählt in der gegenwärtigen Fassung zweitausend Jahre. Von der äußeren Wirklichkeit zur inneren Erkenntnis der Wirklichkeit führt ein weiter Weg, aber viel weiter ist der Weg von der inneren Erkenntnis zur äußeren Anerkenntnis der Wirklichkeit im Handeln. Den Splitter im Auge des anderen erkenne ich leicht, aber nur mit Mühe vollbringe ich die gleiche Erkenntnis bei mir selbst, denn die Selbstwahrnehmung ist anders als die Fremdwahrnehmung nicht nur Erkenntnis, sondern Anerkenntnis, die ein Handeln erfordert. Diese Forderung bedroht meine Identität. Jeder erkannte eigene Mangel enthält den Ruf: Du mußt dein Leben ändern!
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