31.10.15
In Europa herrscht das kollektive Staatsversagen
Von Deutschland über Österreich bis nach Slowenien: In der
Flüchtlingskrise erleben wir ein Auflammen nationaler Egoismen von
atemraubendem Ausmaß. Die Rückkehr des Faustrechts ist die mögliche
Folge.
Was wäre der
Westen, was Europa, ohne den Rechtsstaat? Der Rechtsstaat schützt die
Freiheit des Einzelnen vor jeder Gewalt. Der Rechtsstaat bewahrt uns vor
der Willkürherrschaft. Mit dem Rechtsstaat "besitzen wir den Schlüssel
zur Kontrolle der Dämonen", schrieb Karl Popper in seinem Buch "Die
offene Gesellschaft und ihre Feinde".
Ohne
den Rechtsstaat ist alles nichts. Der Rechtsstaat sichert das Eigentum
und den freien Handel. Er schafft Vertrauen in die Gesellschaft und die
Geldwirtschaft, er sorgt für Selbstbewusstsein und eine Stärke, die den
Westen anziehend gemacht hat. Darüber hinaus bildet der Rechtsstaat das
Fundament der europäischen Gemeinschaft.
Mehr
als das: Der Rechtsstaat ist die Grundfeste, der Boden, die tragende
Säule Europas. Die europäische Gemeinschaft bezieht ihre Legitimation,
ihren Rang und ihren Zukunftsanspruch aus der Rechtsstaatsidee. Das
Recht ist der Stoff, aus dem die Gemeinschaft geschaffen wurde, und
zugleich der Stoff, den sie selbst schafft. In den Worten des
Bundespräsidenten: Die Europäische Union wird von der Idee getragen,
"dass Regeln eingehalten und Regelbrüche geahndet werden".