12.2.16
Christenverfolgung – das vergessene Unrecht
Während Europa vom IS-Terror paralysiert ist und
die Politik ratlos vor den Flüchtlingsströmen steht, werden Christen
weltweit mehr denn je diskriminiert, verfolgt und getötet. Nach dem
neuen Open-Doors-Weltverfolgungsindex (WVI) hat die Christenverfolgung
überall deutlich zugenommen: An der Spitze findet sich wiederum
Nordkorea, wo bereits der Besitz einer Bibel mit dem Tode bestraft wird.
Auf Platz zwei folgt erstmals der Irak – dort hat der IS die Anzahl der
Christen von einer Million auf unter 300.000 dezimiert. Auf Platz drei
liegt Eritrea: Gerade in Afrika breitet sich der radikale Islam massiv
aus – so mussten die meisten Christen in Nigeria durch Boko Haram ihr
Leben lassen. Aber der WVI wartet auch mit Überraschungen auf: Wer würde
vermuten, dass das Ferienparadies der Malediven auf Platz 13, der
Fußball-WM-Austragungsort Katar auf Platz 21 und das buddhistische Burma
auf Platz 23 liegen? Hinter diesen Zahlen stehen persönliche
Schicksale: erschossene Väter, vergewaltigte Frauen und versklavte
Kinder. Bisweilen ist die Unterdrückung wie etwa in Pakistan subtiler,
aber nicht weniger intensiv: Jobverlust und soziale Ausgrenzung machen
Christen dort zu Bürgern zweiter Klasse.
Dass der Islam im WVI 35-mal unter den ersten 50
Ländern vertreten ist, ist kein Zufall: Überall dort, wo diese Ideologie
Staatsreligion ist, werden Menschenrechte mit Füßen getreten und der
Übertritt zum Christentum mit dem Tode bestraft. Dennoch finden immer
mehr Muslime zum lebendigen Glauben an Christus. Wie vor 2000 Jahren
entstehen gerade dort, wo die Unterdrückung besonders stark ist,
christliche Gemeinden, die das Evangelium leben und mutig weitersagen.
Für die meisten ist Auswanderung und Flucht keine Option. Sie bleiben im
Land und erdulden lieber Verfolgung, als ihren Glauben zu verleugnen.
Für uns im Westen, wo sich echtes Christentum im Sinne entschiedener
Christusnachfolge oft nur noch in Spurenelementen findet, fast
beschämend, oder?
Das christliche Hilfswerk Open Doors steht seit
60 Jahren bedrängten Christen zur Seite. Unsere vor Ort tätigen
Mitarbeiter betreuen Gefangene, unterstützen Familien, errichten
Zufluchtsorte, organisieren Alphabetisierungskurse und verteilen Bibeln.
Open Doors setzt dabei nicht auf Wirtschaftsboykott oder Revanchismus,
sondern sucht – etwa durch Petitionen – den Kontakt zu den Machthabern.
Gleichzeitig gibt Open Doors den Verfolgten weltweit eine kräftige
Stimme. Das Schicksal dieser Menschen droht in der alles beherrschenden
Debatte über Flüchtlinge und Wirtschaftsimmigranten unterzugehen. Auch
wenn Nächstenliebe unteilbar ist, frage ich mich, ob nicht gerade jene,
die unsere Werte teilen und ums nackte Überleben kämpfen, nicht unsere
besondere Zuwendung verdienen würden.