12.6.16

 

Johnny Cash- Das bewegte Leben des „Man in Black“

„Hello, I’m Johnny Cash!“ So begann der vielleicht populärste Countrysänger Amerikas stets seine Konzerte. Diese Begrüßung wurde – ebenso wie die schwarzen Anzüge – zu seinem Markenzeichen. Vieles andere im Leben des Johnny Cash war allerdings nicht so leicht vorhersehbar.
 
Green Pimp/iStockphoto.com
Johnny Cash wächst gemeinsam mit seinen sechs Geschwistern auf einer Farm in Arkansas auf. Neben der harten Arbeit auf dem Feld gehört auch Musik zum Leben der Cash-Family: Die Mutter singt Kirchenlieder, aus dem Radio erklingen flotte Country-Klänge. Als Johnny 12 Jahre alt ist, verunglückt sein älterer Bruder Jack tödlich. Ein traumatisches Ereignis, das ihn wohl sein ganzes Leben lang prägt.
 
Bald nach Abschluss der High School geht Johnny zur U.S. Air Force, auf der Luftwaffenbasis im deutschen Landsberg gründet er seine erste Band. 1954, zurück in Amerika, heiratet er seine erste Frau, Vivian. Die beiden ziehen nach Memphis, wo Johnny die junge Familie als Vertreter über Wasser hält. Das Klinkenputzen erweist sich freilich als frustrierendes Unterfangen – Johnny schnappt sich viel lieber seine Gitarre.
 
Schließlich gibt sich der junge Mann mit der charakteristischen Bass-Bariton-Stimme einen Ruck und spielt bei Sam Phillips vor. Der Gründer von Sun Records und Elvis-Presley-Entdecker hält aber nichts von Johnnys frommen Gospel-Nummern. Dieser gibt jedoch nicht auf, sondern präsentiert Sam Phillips anderes Liedmaterial – und landet mit Songs wie „Folsom Prison Blues“ erste Hits. Mit „I Walk the Line“ gelingt ihm der erste ganz große Wurf: Der Song hält sich monatelang in den Charts und wird ein riesiger Hit. 1957 ist Johnny Cash ein Star und spielt 200 Konzerte pro Jahr. 1958 wechselt er zu Columbia Records, wo er mehr künstlerische Freiheit findet: Endlich kann er Alben mit Gospel-Nummern aufnehmen.
In den folgenden Jahren schreibt Cash eine Reihe weiterer Hits. Musikalisch sind seine Songs eher einfach gestrickt, aber die Texte haben es in sich: Der unkonventionelle Country-Star nimmt sich kein Blatt vor den Mund, übt Gesellschaftskritik, singt auch von den Tiefen des Lebens. Gleichzeitig vermittelt er Hoffnung, singt von echter Liebe und über Gott. Karriere-Höhepunkte Mitte der 1960er Jahre sind Auftritte in der Ed Sullivan Show oder beim Newport Folk Festival. Abseits des Scheinwerferlichts gerät das Leben des „Man in Black“ jedoch immer mehr außer Kontrolle: Cash benötigt immer mehr Pillen, um die mittlerweile 300 jährlichen Konzerte bewältigen zu können. Hysterische weibliche Fans auf der einen Seite, eine frustrierte Ehefrau mit kleinen Kindern auf der anderen – Cash schafft es nicht, diese beiden Welten unter einen Hut zu bekommen. So bricht die Ehe bald auseinander, der Alkohol wird zum ständigen Begleiter, mehrmals wird Cash verhaftet. 1967 ist der einst so coole Typ körperlich und psychisch am Ende.
 

Die große Liebe seines Lebens

Schon in seinen ersten Jahren als Sänger trifft Cash auf verschiedene Legenden der Rock-’n’-Roll und Folk-Szene: Jerry Lee Lewis, Elvis Presley – und June Carter. Er verliebt sich in die populäre Countrysängerin, auch sie – obwohl ebenfalls verheiratet – kann ihre Gefühle nur schwer ver­bergen. 1963 schreibt June „Ring of Fire“, ein Lied über ihre Beziehung, das zu Johnnys größtem Hit werden sollte.
 
Jetzt, 1967, wird June zum Rettungsanker in Johnnys Leben: Gleichermaßen liebevoll wie konsequent befreit sie ihn von Alkohol und Drogen. 1968 gehen Johnny und June – beide sind mittlerweile geschieden – wieder gemeinsam auf Tour. Auf einer Konzertbühne in Kanada macht Johnny seiner großen Liebe einen Heiratsantrag – eine Woche später läuten die Hochzeitsglocken.
 
Johnny findet wieder Halt in seinem Leben. Vielleicht aus Ehrerbietung allen Gescheiterten gegenüber spielt er zwei (heute legendäre) Konzerte in berüchtigten Gefängnissen: Die Live-Mitschnitte aus Folsom Prison und San Quentin werden zu Bestsellern. Und weiter geht es die Karriereleiter hinauf: Von 1969 bis 1971 läuft „The Johnny Cash Show“ auf ABC, 1980 wird er als jüngster lebender Interpret in die Country Music Hall of Fame aufgenommen.
Ab 1994 schafft es Johnny Cash mit den „American Recordings“, produziert von Rick Rubin, neuerlich an die Spitze der Charts. Zu diesem Zeitpunkt ist er gesundheitlich schwer angeschlagen, was wohl zur Intensität der Aufnahmen wesentlich beiträgt: Hier singt einer, der die Höhen und Tiefen des Lebens durchgemacht hat. Einer, der am Ende war, aber einen Neuanfang geschafft hat. Einer der weiß, was Sünde und Buße ist. Und der überzeugt ist: Dieses irdische Leben ist nicht alles. Besonders unter die Haut bei den „American Recordings“ gehen einige Coverversionen wie „Personal Jesus“ von Depeche Mode. Cash singt den Text nicht nur einfach – er lebt ihn:
 
„Dein eigener persönlicher Jesus
Einer der deine Gebete hört
Einer der sich kümmert
Dein eigener persönlicher Jesus
Einer der deine Gebete hört
Einer der da ist.“
 
 
 

Johnny Cash im O-Ton

„Ich fühle mich in schwarzer Kleidung wohl. Ich merkte, dass schwarz auf der Bühne gut aussieht, und so begann ich es immer zu tragen.“

„Was mir immer wichtig war: ein guter Mensch zu sein, versuchen mein Leben so zu leben, wie Gott es von mir möchte, es Ihm anzuvertrauen, damit sein Wille in meinem Leben herauskommt, meine Arbeit zu tun ohne zurückzuschauen, alles zu geben was ich bekommen habe, und stolz zu sein in meiner Tätigkeit als aufrichtiger Künstler.“

„Ich bin kein christlicher Künstler, ich bin ein Künstler, der Christ ist.“

„Sie (June Carter, Anm.) liebt mich trotz allem, trotz mir. Sie hat mein Leben mehr als einmal gerettet.“

„Manchmal bin ich zwei Leute. Johnny ist der nette. Cash sorgt für die ganzen Probleme. Die beiden kämpfen.“


Facts & Figures

Johnny Cash wird am 26.2.1932 in Arkansas geboren. Ende der 1950er, Anfang der 1960er Jahre zahlreiche Hits wie „I Walk the Line“ oder „Ring of Fire“. 200 bis 300 jährliche Konzerte fordern ihren Tribut: Cash wird abhängig von Tabletten und Alkohol, die Karriere scheint beendet. Als rettender Engel erweist sich seine langjährige Musikerkollegin und heimliche Geliebte, June Carter. 1968 heiraten die beiden. Legendär sind seine Konzerte in Folsom Prison und San Quentin. Cash schrieb insgesamt etwa 500 Songs, erhielt über ein Dutzend Grammy Awards, seine Alben verkauften sich über 90 Millionen Mal. Cash stirbt am 12.9.2003 in Nashville, nur wenige Monate nach seiner Frau June.

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