28.11.18
Wie kann adipösen Kindern geholfen werden?
Seit etwa 40 Jahren werden in den Industriestaaten die Menschen immer dicker. Auch in Österreich sind bereits ein Drittel der Erwachsenen übergewichtig oder krankhaft fettleibig. Und: Kinder und Jugendliche sind von dieser Entwicklung nicht ausgenommen. Zwischen 1975 und 2016 ist die Zahl stark übergewichtiger bzw. adipöser Buben von 2,8 auf 11,3 Prozent gestiegen, die der Mädchen von 1,6 auf 6,1 Prozent. Weltweit sind laut Angaben der WHO zurzeit 124 Millionen Kinder von Adipositas betroffen, 213 Millionen sind übergewichtig - Tendenz steigend.
Seelisches und körperliches Leid
Dick sein macht unglücklich - die meisten zumindest. Als Kind oder Jugendlicher hat man es in einer solchen Situation besonders schwer, denn Hänseleien, Mobbing etc. sind in der Schule an der Tagesordnung. Wer nicht der Norm entspricht bzw. dem gängiges Schönheitsideal, ist Außenseiter. Noch immer. Würde das alleine nicht schon ausreichen, haben vor allem die stark übergewichtigen Kinder auch körperliche Probleme, etwa Gelenksbeschwerden, Rückenschmerzen, Fuß- und Beinfehlstellungen, eine Fettleber, erhöhte Blutfette, Bluthochdruck oder Typ 2-Diabetes.Vielfältige Ursachen
Die zwei bedeutsamsten Gründe für das grassierende Übergewicht sind definitiv nicht neu. Erstens: zu hoher Konsum von zucker- und fettreichen Nahrungsmitteln bzw. Getränken. Zweitens: zu wenig Bewegung und zu viel Zeit, die vor dem Computer, Smartphone etc. verbracht wird. Daneben spielen auch eine genetische Veranlagung und epigenetische Faktoren eine Rolle. Demnach ist das Risiko, dass ein Kind übergewichtig wird, erhöht, wenn die Mutter während der Schwangerschaft selbst zu viele Kilos auf die Waage brachte. Der Stoffwechsel der Kleinen wird sozusagen "auf dick programmiert".Therapeutische Ansätze
In Österreich wird einiges unternommen, um übergewichtigen Kindern zu helfen (Adipositas-Ambulanzen, Abnehm-, Ernährungs- und Bewegungsprogramme, Diätcamps etc.). Allerdings sind die therapeutischen Interventionen in der Regel von wenig Erfolg gekrönt. Zwar nehmen die Kinder und Jugendlichen kurzfristig einiges ab, nach Beendigung des jeweiligen Programms verfallen sie aber meistens wieder in die gewohnten Verhaltensmuster, um anschließend noch mehr zu wiegen (Jojo-Effekt). Wichtig wäre es, dass das in der Therapie Gelernte zuhause weiterhin umgesetzt wird. Dafür ist es notwendig, dass auch die Eltern und Geschwister ihre Essgewohnheiten verändern. Außerdem braucht es Unterstützung seitens Kindergärten und Schulen.Das Um und Auf
Eine der wesentlichsten Aufgaben der Zukunft ist laut Experten der massive Ausbau von Präventionsmaßnahmen. Wer sich bereits von klein auf (in Familie, Kindergarten, Schule) gesund ernährt und mit Freude viel bewegt, der wird ziemlich sicher keine Gewichtsprobleme mit all den möglichen schweren Folgeerkrankungen bekommen. Ein Beispiel dafür ist "Eddykids" - ein Programm des Österreichischen Akademischen Instituts für Ernährungsmedizin. Ziel dieser standardisierten und evaluierten Studie war es, herauszufinden, ob das Ernährungs- und Bewegungsverhalten von Kindern und Jugendlichen durch Intervention in Schulen beeinflusst werden kann. Insgesamt nahmen etwa 140 Jugendliche aus 4 Wiener Schulen daran teil.Warum geht da nix weiter?
Letztendlich liegt die Verantwortung natürlich nicht alleine bei den betroffenen Kindern und ihren Familien. Denn zunehmen würde wohl kaum eine/r von ihnen, würden nicht gerade die ungesündesten und kalorienreichsten Lebensmittel besonders intensiv beworben werden. Handlungsbedarf besteht nicht nur seitens der Nahrungsmittelindustrie, sondern insbesondere seitens der Politik."Anti-Kalorien-Politik"
In allen industrialisierten Ländern stehen die Gesundheitssysteme vor ähnlichen Problemen. Einiges wurde schon versucht: Höhere Steuern auf Softdrinks im gefährlich-fettleibigen Mexiko. Deutsche Experten fordern ein Verbot der Werbung für hochkalorische Kinderlebensmittel. Außerdem sollte endlich ein Ampelsystem auf den Verpackungen den Gehalt an Zucker, Salzen, Fetten, etc. deutlich signalisieren (wie in Großbritannien). Weiters sind gesetzlich vorgegebene Mindeststandards für die Verpflegung in Kindergärten und Schulen höchst überfällig. Eine kluge Idee wäre es auch, gesunde Nahrungsmittel deutlich zu verbilligen.Ö1