18.3.19

 

Energiespeicher – dringend notwendig für die Energiewende

Starker Wind ist ideal für die Windenergiegewinnung. Doch häufig stehen trotzdem die Windräder still. Abgestellt, weil die Windparks gerade mehr Strom erzeugen, als das Netz aufnehmen kann. 
 
Im Jahr 2016  hätten 3,7 Milliarden Kilowattstunden Strom mehr aus Windkraft  produziert werden können – genug um 1 Millionen Haushalte mit drei Personen ein Jahr lang zu versorgen. Energiespeicher wären da sinnvoll, aber der Betrieb lohnt sich oft noch nicht, deshalb finden sich selten Investoren.
Wenn es um Energiespeicher für die Energiewende geht, kennt sich Prof. Dr. Werner Beba bestens aus. Kein Wunder, ist er doch Projektleiter eines der Deutschlandweit größten Energiewendeprojekte. Im Projekt "NEW 4.0 - Norddeutsche Energiewende“ mit Sitz in Hamburg will man so schnell wie möglich weg vom "dreckigen" Kohlestrom. Das ehrgeizige Ziel lautet: Bis 2035 sollen Hamburg und Schleswig Holstein zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien versorgt werden. Aber der Projektleiter und sein Team haben riesige Probleme. Und das, obwohl jede Menge innovative Speichertechnologien entwickelt werden.

Kein Speicher kann momentan wirtschaftlich betrieben werden

Dabei sind die Probleme weniger technischer, sondern vor allem bürokratischer Natur. "Heute kann kein Speichersystem wirtschaftlich betrieben werden. Kein Markt in Deutschland ist durch Gesetze so eingeengt wie der Energiemarkt. 12.600 Gesetze regeln das Energiesystem heute," erklärt Dr. Beba. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen sind  nicht auf die aktuelle Phase der Energiewende abgestimmt. Das ist so gravierend, dass neue innovative Techniken, die jetzt dringend gebraucht werden nicht realisiert werden können.

Ohne Speicher keine Energiewende

Ohne Energiespeicher ist die Energiewende nicht möglich. Zwei Hauptaufgaben müssen Speichertechnologien erfüllen, wenn sie in einem Stromnetz mit viel erneuerbaren Energien, wie der Windkraft, betrieben werden, denn die Energie steht nicht jederzeit in gleichem Umfang zur Verfügung. Einerseits müssen sie Stromschwankungen schnell ausgleichen können, um die Netzstabilität zu gewährleisten, andererseits sollen sie Strom so speichern, dass er auch über längere Zeit verfügbar gemacht werden kann. Dazu braucht man Kurz- und Langzeitspeicher.

Speicher stabilisieren das Stromnetz

Das Stromnetz braucht eine ständig gleichmäßige Spannung von 50 Hertz. Da beispielsweise Windkraftanlagen je nach Windlage mehr oder weniger Strom erzeugen, entstehen, gesehen auf das gesamte Stromnetz, Spannungsschwankungen. Das heißt kurzzeitig steigt oder sinkt die Spannung im Stromnetz. Solche Spannungsschwankungen müssen in Sekundenbruchteilen ausgeglichen werden, damit immer genau 50 Hertz Spannung gehalten werden können.

Kurzzeitspeicher Batterie

Der Batteriespeicher ist der perfekte Kurzzeitspeicher, um Spannungsschwankungen auszugleichen. Denn der Vorteil der Batterien besteht darin, dass sie extrem schnell, sprich in Sekundenbruchteilen Strom ins Netz abgeben und ebenso schnell Strom herausnehmen und speichern können. Würde man verteilt in Deutschland rund 300 Anlagen des im Beitrag gezeigten Batteriespeichers installieren, könnte man damit alle hierzulande auftretenden Spannungsschwankungen ausgleichen.

Druckluftspeicher - Strom längerfristig speichern

Die zweite Aufgabe von Speichern ist das Speichern von Energie über einen längeren Zeitraum. So kann beispielsweise in Zeiten mit viel Wind- oder Solarstrom überschüssiger Strom weiter produziert und damit in Speicher gefüllt werden. Wird bei wenig Wind oder Sonne Strom benötigt, kann dieser aus dem Speicher genommen und Strom erzeugt werden.
Perfekt geeignet für solch eine längerfristige Stromspeicherung wäre möglicherweise der Druckluftspeicher gewesen. Er ist einfach und besonders umweltfreundlich, weil der Speicher allein mit Luft funktioniert. Der Druckluftspeicher wäre auch als größeres Kraftwerk denkbar, das Strom über mehrere Stunden abgeben kann. 

Gebühren und Umlagen - Das Aus für Druckluftspeicher

Bei jedem Einspeichern der Druckluft und beim Wiederverstromen der Druckluft wäre allerdings eine Gebühr fällig geworden. Obwohl damit sonst nicht genutzter Strom gerettet worden wäre. Diese Umlagen hätten jährlich Millionen gekostet - unwirtschaftlich für den privaten Investor. Der Wegfall des Druckluftspeicher-Kraftwerks ist ein herber Rückschlag für das gesamte Norddeutsche Energiewendeprojekt.
Windräder werden künstlich abgestellt, weil das Überangebot an Strom nicht genutzt werden kann. Es scheint geradezu widersinnig, dass für das Speichern von Stromüberschüssen aus erneuerbaren, sauberen Energien hohe Umlagen und Gebühren bezahlt werden müssen.

Power to Gas – mit Strom Gas erzeugen

Vor dem gleichen Problem stehen Power to Gas-Anlagen und die sind für die Energiewende besonders wichtig. Mit diesen Anlagen kann mit überschüssigem regenerativen Strom das Gas Wasserstoff erzeugt werden. Das kann zum Beispiel als Treibstoff für Wasserstoffautos dienen. Um die Energie langfristig speichern zu können, muss der Wasserstoff noch in Methan umgewandelt werden. So kann das Gas in unser bestehendes Gasnetz eingespeist und in Kavernen gelagert werden. Das Hamburger Team experimentiert für die Methanisierung mit Bakterien. Das Ziel: das Verfahren effizienter und flexibler zu machen. Im Norddeutschen Energiewendeprojekt soll neben dem schon bestehenden Batteriespeicher nun eine neue Power to Gas Anlage gebaut werden – trotz der Umlagen und Abgaben, die fällig werden.  Man hofft, dass die Politik in Zukunft die Rahmenbedingungen doch noch besser gestalten wird.
Autor: Wolfgang Zündel

Sendung: hr-fernsehen, "alles wissen", 14.03.2019, 20:15 Uhr

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