29.1.14
Abtreibungen - Die Gewissenhafte
Eine
Frauenärztin ringt mit sich:
Sie will keine Schwangerschaftsabbrüche durchführen.
Aber es führt kein Weg daran vorbei.
Sie will keine Schwangerschaftsabbrüche durchführen.
Aber es führt kein Weg daran vorbei.
Eva Beck
dreht den Monitor des Ultraschallgeräts von der Patientin weg, sodass diese
nicht sieht, was Beck sieht: einen wenige Zentimeter großen Embryo, ein paar
Wochen alt, erst die Andeutung eines Menschen, aber das Kindchenschema ist
schon erfüllt. Der Embryo hat einen großen runden Kopf, eine gewölbte Stirn und
strampelt mit kurzen Armen und Beinen. Die Technik des Ultraschalls mag
vergleichsweise neu sein, die Bilder, die sie produziert, bewirken, dass die
uralten Gesetze der Evolution greifen und der Schlüsselreiz wirkt: Auf ein Kind
passt man auf, denkt Eva Beck.
Aber Beck
ist Ärztin, und deshalb passt sie auch auf ihre Patientin auf. Sie will den
Frauen den Anblick ihrer Ungeborenen ersparen, weil das die Abtreibung noch
schwieriger macht, als sie sowieso schon ist. Diesmal ist die Patientin Anfang
zwanzig und hat eine Freundin zum Abtreibungstermin mitgebracht. Die Mädchen
sind nervös, sie kichern. Da entdeckt die Freundin den Embryo auf dem
Ultraschall und ruft: "Guck mal, es zappelt ja schon!", woraufhin
beide in kreischendes Gelächter ausbrechen.
Wer sind
die Leidtragenden solcher Situationen, die Eva Beck nicht vergessen kann, weil
sie "unwürdig" seien? Das unfertige Kind zweifellos. Das junge
Mädchen, das vielleicht nur aus Hilflosigkeit kichert. Oder doch nicht? Eva
Beck weiß es nicht, sie spricht mit der Patientin nur während dieser wenige
Minuten dauernden Untersuchung, bevor der Anästhesist die Narkose verabreicht.
Beck empfindet auch sich selbst als Leidtragende, weil sie den Embryo aus der
Gebärmutter saugen muss. Sie berechnet den Kopfumfang und wählt eine Saugkürette
in der entsprechenden Größe, eine Art spitzes Röhrchen, durch das der
Fruchtsack mit dem Embryo abgesaugt wird. Der fragile Embryo zerreißt, Beck
muss den Sauger mehrmals ansetzen, bis das Gewebe durch den Schlauch abfließt.
Das ist der Moment, in dem die OP-Schwester meist wegsieht.