21.6.15

 

Den Schrei der Armen und den Schrei der Erde hören

„Nicht die Überbevölkerung ist das Problem der Welt, sondern die Maßlosigkeit der Reichen“, sagt der Papst in seiner Umwelt-Enzyklika.

Papst Franziskus zeigt die verheerenden Auswirkungen der Erderwärmung auf und fragt nach dem „Warum“. Er scheut nicht davor zurück, die Ursachen und die Verursacher beim Namen zu nennen. Kein Wunder, dass sich vor allem Widerstand von republikanischer Seite in den USA und von der Kohle und Erdöl produzierenden Industrie her regt, sind diese doch für den ungeheuren Anstieg des Ausstoßes von Treibhausgasen, vor allem Kohlenstoffdioxid, verantwortlich. „Ich bekomme meine Wirtschaftspolitik nicht vom Papst vorgeschrieben“, sagte der katholische republikanische Präsidentschaftskandidat Jeb Bush kurz nachdem der Text der Enzyklika bekannt geworden war. Er stimmte zwar zu, dass sich das Klima verändere. Allerdings gebe es „technologische Lösungen für so ziemlich alles“.
Genau dieser Tendenz, alles technokratisch lösen zu wollen, stellt sich Papst Franziskus entgegen. Die „Globalisierung des technokratischen Paradigmas“ (Nr. 106-114) führe zu einer immer größeren Anhäufung von Gütern, auf Kosten einer maßlosen Ausbeutung der Rohstoffe und Lebewesen und der Zerstörung des Klimas. Wo der Mensch meint, alles sei ihm möglich und es gäbe keine Grenzen, wird er zum Totengräber des Lebens. Papst Franziskus sieht in einem „Antropozentrismus“ (Nr. 115-136), wo der Mensch sich zum Mittelpunkt erklärt und alles und alle seinen Interessen unterwirft, die Wurzel für die Krise, in der sich die Menschheit und der Planet befinden.
Diese Analyse der Realität mit ihrem schonungslosen Offenlegen der Ursachen und der Verantwortlichen steht ganz in der Tradition der Kirche in Lateinamerika. Dort haben die Bischöfe in den letzten Jahrzehnten immer wieder prophetisch ihre Stimme erhoben, weil sie den Schrei der Armen gehört haben. Papst Franziskus verbindet den „Schrei der Armen“ mit dem „Schrei der Erde“ und entwirft die Vision einer ganzheitlichen Ökologie, die davon ausgeht, dass letztlich alles miteinander verbunden ist. Die Krise des Planeten könnte eine Sternstunde sein, wenn sie den Menschen dazu verhilft, ihren Platz als integralen Teil der Schöpfung wieder zu entdecken und dementsprechend achtsam und nachhaltig zu leben. Die „Sorge für das gemeinsame Haus“ – so der Untertitel der Enzyklika – muss auch zum Begleichen der „ökologischen Schuld“ (Nr. 52) führen, die die reichen Industrienationen gegenüber jenen ärmsten Ländern der Erde haben, die kaum etwas zum Klimawandel beigetragen haben. Nicht die Überbevölkerung ist das Problem der Welt, sondern die Maßlosigkeit der Reichen. Eine „ökologische Umkehr“ (Nr. 216-221) muss dazu führen, den Lebensstil zu verändern und so dem Leben zu dienen.

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Enzyklika (pdf)

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