13.2.16

 

Aussteiger erklärt die deutsche Salafistenszene

Dominic Schmitz gehörte jahrelang zum harten Kern der deutschen Salafistenszene. Jetzt hat der Aussteiger ein Buch geschrieben und gewährt seltene Einblicke in die islamistische Parallelwelt.

Seine früheren Freunde sind nun seine gefährlichsten Feinde. Sie dulden keinen Verrat. Und als solchen werten sie das, was der junge Mönchengladbacher Dominic "Musa" Schmitz getan hat: Er gehörte sechs Jahre lang zum harten Kern der deutschen Salafistenszene, bis er ausstieg und – noch schlimmer – mit den Menschenfängern abrechnete, ihre Lügen entlarvte, ihre Scheinwelt entschleierte. Nun ist er ein Verräter. Ein Abtrünniger. Ein Feind eben.
Früher, in einem anderen Leben, war Schmitz "ein fanatischer Jünger Allahs", wie er es beschreibt. Mit 17 sei er "abgetaucht in eine fundamentalistische Parallelwelt voller Hass gegen alle Andersdenkenden, gegen die ungläubigen Christen und Juden". Er wurde Musa, der Konvertit, Feind westlicher Werte und modischer Kleidung.

Schmidt, der heute 28 Jahre alt und noch immer ein gläubiger Muslim ist, berichtet in erschreckender Offenheit über sein Leben unter radikalen Salafisten, von einem "Dasein in einer Sekte, von der schleichenden Gehirnwäsche, an deren Ende ein junger Mann namens Dominic sein ganzes früheres Ich, sein kritisches Denken, sein Selbst ausgeknipst hatte, als würde er seine Seele verkaufen".

Umgarnen, isolieren, indoktrinieren

Er hat ein mutiges, wichtiges Buch geschrieben. Es erklärt viel über die Anfälligkeit orientierungsloser Jugendlicher, die in ihrer Welt vergeblich nach Zuneigung, Aufmerksamkeit und Anerkennung suchen, bis sie in eine scheinbar perfekte islamistische Parallelwelt geraten, in der sich alle mit "Achi" anreden, "Mein Bruder". Und sich gegenseitig zuhören, beraten, austauschen, loben.
Es erklärt aber auch viel über die subtile Taktik der islamistischen Menschenfänger, die ihre Opfer umgarnen, isolieren und dann indoktrinieren, um sie in einen dubiosen "heiligen Krieg" zu schicken und für ihre krude Auslegung des Islam zu sterben. Die Stärke des Buches ist seine Authentizität. Dominic Musa Schmitz findet am Ende wieder zu sich selbst, weil er die vielen Lügen, die Bigotterie und die Scheinheiligkeit der Prediger-Brüder nicht mehr ertragen kann.

Dominic Musa Schmitz: „Ich war ein Salafist. Meine Zeit in der islamistischen Parallelwelt.“ Econ, Berlin. 256 S. 18 €. 

Viele seiner ehemaligen Brüder und Ausbilder leben nicht mehr. Sie fielen auf den IS-Schlachtfeldern. "Wahrscheinlich wäre es mir ähnlich ergangen, wenn ich nicht irgendwann mein Gehirn wieder eingeschaltet hätte." Den ideologischen Sinneswandel verübeln ihm seine früheren Weggefährten. Manche wenden sich enttäuscht ab, andere bedrohen Schmitz.
Seine YouTube-Videos "Frag den Musa" erfreuen sich einiger Beliebtheit, weil Schmitz nicht belehrt und rügt, sondern rät und empfiehlt – zum Beispiel, sich auch als Muslim mit seiner Religion kritisch auseinanderzusetzen. Er zitiert dann gern die Koran-Sure 2, Vers 256: "In der Religion gibt es keinen Zwang."

 



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