9.6.16

 

Pollenalarm – welche Therapien können jetzt noch helfen?

Die Pollen fliegen – seit dem Frühjahr machen sie Allergikern zu schaffen. Auch Praxis-Reporter Benjamin Kaiser leidet unter dem Ansturm der Natur. Doch da das Problem im Winter auf Eis lag, hat er wie viele Leidensgenossen bisher keine Therapie in Angriff genommen.  
Wenn im Frühsommer Augen und Nase beginnen zu tränen, erinnert sich so mancher Allergiker an seine lästige Pollenallergie. Über die Herbst- und Wintermonate gerät ein Heuschnupfen schnell in Vergessenheit – doch sobald die ersten Gräser im Frühling durch die Luft fliegen, gibt es oft ein böses Erwachen.

Allergien treffen mindestens 30 Millionen Menschen. Die meisten davon haben eine Allergie gegen Pollen. Der Kontakt damit führt zu Hautquaddeln, einer triefenden Nase, tränenden Augen, Juckreiz. Die Pollen enthalten Eiweiße, so genannte Allergene, die zu allergischem Schnupfen führen. Denn sie provozieren das Immunsystem und bringen den körpereigenen Botenstoff Histamin in Gang, der zur Abwehr der Fremdlinge für eine erhöhte Durchblutung der Schleimhäute sorgt. Zudem setzt der Blütenstaub Fettsäuren frei, die das Immunsystem direkt reizen.
Derzeit leiden viele Allergiker unter der aktuellen Belastung zum Beispiel durch Haselnuss, Erle und Birke. Und ein Ende des Schniefens ist erst einmal nicht in Sicht: Bis in den Herbst hinein gibt es Pflanzen wie beispielsweise Beifuß, die bei Betroffenen den Heuschnupfen befeuern. Ambrosia kommt ursprünglich aus Nordamerika, findet sich aber – übertragen durch Getreidelieferungen – zunehmend auch in Europa. Wissenschaftler messen die aktuelle Belastung an Pollen in der Luft mit einer sogenannten Pollenfalle und untersuchen die Ausbeute dann im Labor unter dem Mikroskop.

Der Hauttest gibt Gewissheit

Wer auf welches Allergen reagiert, untersuchen Ärzte mit dem sogenannten Pricktest. Bei diesem Hauttest kommen Tropfen der verschiedenen Allergene auf die Haut. Dazu zählen Allergene aus Baumpollen, Gräserpollen, Kräuterpollen, Hausstaubmilbe, Hund, Katze, oder dem Schimmelpilz. Mit Hilfe einer feinen Lanzette oder Nadel sticht der Arzt die Haut oberflächlich ein. Getestet wird mit standardisierten, industriell hergestellten Lösungen. Zur Kontrolle werden zusätzlich immer eine wässrige Lösung und ein Lösung mit Histamin aufgetragen. Die erste darf keine, die zweite muss eine Reaktion auslösen. Reagiert der Patient auf eines der Allergene, kommt es im Bereich des entsprechenden Allergentropfens nach fünf bis 60 Minuten zu Rötung, Juckreiz und Quaddelbildung. Der Test kann auch in der Zeit allergischer Reaktionen durchgeführt werden, allerdings nur, wenn die letzten Tage kein Antiallergikum eingenommen wurde.
Mitunter reagieren aber auch Menschen auf die starke Pollenbelastung, ohne eine wirkliche Allergie zu haben. Bei ihnen wird die Schleimhaut durch die kleinen Partikel schlichtweg gereizt, sozusagen irritiert. Teilweise helfen den Betroffenen die klassischen Mittel gegen Allergien. Bei gereizten Augen kann auch der Einsatz von künstlicher Tränenflüssigkeit helfen, sie befeuchtet die Schleimhaut.

Akut helfen Antihistaminika

Für Allergiker gibt es einige Grundregeln, mit denen sie sich gegen die Pollenallergie zur Wehr setzen können. Gegen akute Beschwerden helfen zum Beispiel die sogenannten Antihistaminika. Wie der Name schon sagt, blockieren sie das Histamin an den Schleimhautzellen. Dadurch werden die Entzündungssymptome reduziert. Nachteil sind die mitunter unangenehmen Nebenwirkungen: Teilweise gehen sie mit Kopfschmerzen und extremer Müdigkeit einher. Antihistaminpräparate sind rezeptfrei in der Apotheke erhältlich. Betroffene sollten die Auswahl aber mit ihrem Arzt abstimmen. Er kann Wirkungen und vor allem auch Neben- und Wechselwirkungen der Medikamente am besten einschätzen. Als sehr wirksame Helfer gegen geschwollene Nasen gelten auch kortisonhaltige Nasensprays. Sie gibt es allerdings wegen möglicher Nebenwirkungen nur auf Rezept.
Wer sich langfristig gegen das Niesen, Schnupfen und tränende Augen wappnen will, kann auch eine Immuntherapie beim Arzt durchführen lassen. Dabei bekommt der Patient in regelmäßigen Abständen geringe Mengen jener Allergene verabreicht, auf die er während der Pollensaison reagiert. Die sogenannte Hyposensibilisierung bewirkt, dass sich der Körper langsam an die Allergie auslösenden Stoffe gewöhnt, die überschießende Immunreaktion geht langfristig zurück. Eine Variante ist die Immuntherapie, bei der die Allergene direkt gespritzt werden. Eine andere die sogenannte sublinguale Variante. Hier werden von den Betroffenen Tropfen oder Tabletten eingenommen.

Tipps für den Alltag

In jedem Fall aber gilt: Je weniger Pollen ein Betroffener ausgesetzt ist, desto besser. Wichtig ist, die Pollen so effektiv wie möglich aus den eigenen vier Wänden zu verbannen. Dazu kann tägliches Staubsaugen beitragen. Zusätzlich helfen bestimmte Filter im Staubsauger und Klimaanlagen, die Pollenbelastung zu senken. Da sie jedoch nach einer gewissen Zeit verstopfen, sollten die Filter regelmäßig gewechselt werden.

Das regelmäßige nasse Wischen der Böden macht den umher fliegenden Pollen zudem den Garaus. Luftbefeuchter und eine Nasendusche erfreuen die Nasenschleimhaut. Im Schlafzimmer hält eine Tagesdecke auf dem Bett die Pollen vom Bettzeug fern. Die Tageskleidung lässt man vor dem Schlafengehen am besten gleich draußen auf dem Flur. Auch das tägliche Haare waschen hilft, die Pollen von dem Kopfkissen fernzuhalten.

Kreuzweise allergisch

Pollenallergiker müssen nicht nur auf die aktuelle Belastung in der Luft achten, sondern sollten auch ihren Speiseplan im Auge behalten. Denn manche Proteine in Lebensmitteln ähneln den Allergenen, die den Heuschnupfen auslösen. Meist löst der Kontakt damit lediglich Beschwerden in der Mundschleimhaut aus. In schweren Fällen kann es aber auch einmal zu Magen- oder Atembeschwerden kommen. Wer beispielsweise auf Birke, Hasel oder Erle allergisch reagiert, sollte Obst und Gemüse mit Steinen oder Kernen meiden. Dazu zählen Äpfel, Kirschen, Avocados oder auch Nüsse. Wer gegen Beifußpollen allergisch ist, verzichtet auf Sellerie, Karotten und Gewürze wie Anis oder Kümmel.



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