10.12.16

 

Trump twittert und twittert

Kaum einer kann das so gut wie der künftige Präsident: Knapp 17 Millionen Menschen erreichen die Botschaften, die Donald Trump über den Kurznachrichtendienst verschickt.

Der zum amerikanischen Präsidenten gewählte Unternehmer Donald Trump hat in den jüngsten Tagen Twitter genutzt, um einen regionalen Gewerkschaftsfunktionär, den Flugzeugbauer Boeing, China, die Chefin der grünen Partei und die Comedy-Show Saturday Night Live zu attackieren. Ferner enthielten seine Tweets der letzten Tage Hinweise über Interviews, die er gibt und gab, über die Höhepunkte der „Danke schön“-Tour, die er gerade absolviert, über Grundzüge seiner Handelspolitik, Nominierungen für Ministerposten und erste Erfolge wie die Akquise einer Großinvestition von 50 Milliarden Dollar, die laut eigenem Tweet ihm und seinem Wahlsieg zu verdanken sei.

Die Kommunikationspolitik des künftigen Präsidenten ist im Vergleich zu dem, was seine Vorgänger in der Übergangszeit zwischen Wahl und Amtsantritt praktiziert haben, ungewöhnlich. Der internetaffine Barack Obama pflegte Pressekonferenzen zu geben und Videobotschaften zu verbreiten, George W. Bush gab Pressemitteilungen heraus. Die Botschaften von Trumps Vorgängern hatten gemeinsam, dass sie sorgfältig formuliert waren und sich sorgsam ausgewählten Themen widmeten und sich in der Mehrheit an die klassischen Medien richteten.
Trump dagegen meidet Zeitungen und Fernsehsender, abgesehen von Fox, bewusst, wie einer seiner jüngsten Tweets verrät: „Würde die Presse mich in akkurater und ehrenhafter Weise begleiten, hätte ich weniger Grund zu tweeten. Traurigerweise weiß ich nicht, ob das jemals passieren wird.“

Trumps Botschaften verdanken ihren Charme einer rohen Authentizität, weniger ihrer Akkuratesse.

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Kommentare:
Trump wird mir eigentlich von Tag zu Tag sympathischer. Direkte Kommunikation via Twitter ist mir auf jedem fall lieber als das ARD/ZDF Audienz-Gehabe unserer ‘Wir Schaffen Das’-Prinzessin. Anders als bei Merkel & Konsorten ist das Medium für Trump kein Neuland. Und bei genauem Lesen der Trump Tweets sieht erkennt man auch, dass das definitiv keine unüberlegten Schnellschüsse waren. Es ist schon lustig wie die ‘Qualitäts’-Journallie der Pressmaffia sich über die Tatsache aufregen, dass Meldungen/Meinungen von Trump direkt und ohne Mittelsmann an 16 Millionen Twitter User gehen. Fakt ist CNN, NBC, MSNBC, FOX etc kommentieren nur noch Second-Hand News.

Ist ja schoen das der zukuenftige President der US of A per Twitter reagiert und Mitbuergern seine Meinung liefert. Aber, frueher oder spaeter, muss auch er bemerken dass man manchmal sich eine Antwort erst ueberlegt, ehe man -- fuer die Ewigkeit -- seine Gedanken elektronisch verbreitet. Man nennt sowas "shooting from the lip" und das kann sich zu einem Querschlaeger verwandeln und passt dem Ausdruck "Shooting yourself in the foot."

Im Moment werde ich das Gefühl nicht los, daß die amerikanische und internationale Presse eher als "beleidigte Leberwurst" darauf reagiert, ihr eigenes "Establishment" gegenüber den politischen Machtzentren nicht mehr im gewohnten Maße etablieren zu können. Möchte nicht wissen, wie viele Korrespondenten und Teams dahinter nunmehr um ihren Job bangen müssen und nunmehr entsprechende Alarmzeichen klingeln lassen. Wenn man einmal die Häme aussen vorläßt und (mit fehlenden Insider-Wissen als Aussenstehender, und dazu noch von einem anderen Kontinent daherkommend) etwas analysiert, kommt man nicht darum, festzustellen, daß der in der Presse festgestellte industrielle Wandel - Stichwort "Industrie 4.0" - leider für sich selbst noch nicht einmal ansatzweise umgesetzt wurde, Die Presselandschaft steckt exakt in Merkels "Neuland", und ist/tut nunmehr überrascht vom eigenen Versagen. 

Ja er weiß wie man Twitter bedient. Big Deal. Aber weiß er auch wirklich was seine max 140 Zeichen anrichten können? Der gewählte Präsident der USA hackt öffentlich auf einem lokalen Gewerkschaftsvertreter herum, der eine von Trumps maßlosen Übertreibungen richtig gestellt hat.

Sollen wir erschrecken über die ungefilterte Rohheit, den laxen Umgang mit der Wahrheit und die Verkürzung politischer Debatten auf völlig unzureichende 140 Zeichen? Sollen wir uns fürchten vor spontanen präsidialen Statements, die allen mögliche Menschen brüskieren und Debatten aus dem Ruder laufen lassen können? Oder sollen wir uns darüber freuen, wie TWITTER den president-elect demaskiert, seinen groben Charakter grell beleuchtet und uns ein Feuerwerk an Aussagen zu Füßen legt, an deren Wahrheitsgehalt, Widerspruchsfreiheit und Einlösung der darin verbreiteteten Zusagen wir TRUMP später unbestechlich messen können? Ich bleibe bei der Furcht. Weil stets nur der aktuelle TWITTER-Aufreger zählt und Politik damit auf die akute Behandlung gefühliger Momentaufnahmen reduziert wird. 

Die 140 Zeichen sind nicht das Problem. Klar kann man diesen bald-Präsidenten auch als abstraktes Kunstwerk begreifen, das der medial hypervernetzten Like-Gesellschaft den Spiegel vorhält - aber nur, solange man selbst nicht Ziel dieser präsidialen Kommentare ist.

Was ist Wahrheit? Das entscheidet jeder Einzelne am Ende fuer sich selbst. Der Weg zu dieser Erkenntnis hat sich jedoch stark verschoben. Waren es früher wenige Medien - die ihre Botschaften sauber recherchierten und selektierten - denen man vertraute, erkennen heute viele nicht, das Twitter und Facebook kein “Medium” ist, sondern ein simpler Distributionskanal. Die analytischen Fähigkeiten des Einzelnen waren schon immer begrenzt um zwischen Fakten und Übertreibungen zu differenzieren, und mit dem Wegfall des filternden traditionellen “Mediums” - das zur Lügenpresse degradiert wird - sind Tür und Tor fuer Scharlatane geöffnet. 


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