„Sie gehören zu den mächtigsten Organisationen der
Erde, entscheiden, wer auf dieser Welt Geld bekommt und wer nicht und zu
welchem Preis. Das ist eine Macht, die hat keine Armee der Welt.“ So
schätzt der Börsen- und Finanzexperte Dirk Müller Rating-Agenturen ein.
Für den als neoliberal geltenden Chef des Hamburger
Weltwirtschaftsinstituts (HWWI), Thomas Straubhaar, sind die drei großen
Rating-Agenturen „Standard&Poor’s“(S&P), „Moody’s“ und „Fitch“
gefährliche Brandbeschleuniger der Finanzwelt.
Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hält die
sogenannten Kreditwächter für „fehlbar“. „Sie übertreiben und sie haben
natürlich materielle Interessen“, sagte der Minister in der
ZDF-Dokumentation und kündigt an, sie schärfer beobachten und stärker in
Haftung nehmen zu wollen.
Selten sind Urteile über Unternehmen so drastisch
ausgefallen wie über Rating-Agenturen und dennoch geht fast nichts mehr
in der Finanzwelt ohne ein Rating und erst recht nicht ohne ein Rating
der großen Drei. S&P’s, Moody’s und Fitch führen 97% aller
weltweiten Bewertungen durch. Sie entscheiden darüber, wer kreditwürdig
ist und wer nicht. Sie beurteilen Kommunen, Konzerne, Wertpapiere und
Länder. Sie haben großen Einfluss auf fast alle Finanz- und
Wirtschaftsaktivitäten dieser Welt.
Dass die Bewertungen der Rating-Agenturen die
Finanzkrise 2008 mit ausgelöst und entscheidend zur Eurokrise
beigetragen haben, ist in der Politik- und Finanzwelt kaum mehr
umstritten.
ZDFzoom schaut sich das System der Rating-Agenturen
an und stellt fest: Jahrelang konnten sie fast unbeaufsichtigt schalten
und walten, wie sie wollten. Regeln und Kontrollen wurden erst nach und
nach verschärft. Kritiker sagen viel zu spät.
In Gesprächen mit Insidern erfahren die beiden
Autoren Christian Dezer und Beate Höbermann aber auch wie es im Inneren
der Agenturen zuging und zugeht. Anhand von Wirtschaftsdatenbanken und
Gesprächen mit Experten zeichnen sie ein Bild der Eigentümerverhältnisse
nach, vor denen auch der EU-Kommissar für Binnenmarkt warnt. Im
ZDF-Interview erklärt Michel Barnier: „In der Vergangenheit gab es
einige Fälle von finanziellen Akteuren, die Anteilseigner von
Rating-Agenturen waren, die ihre eigenen Produkte bewertet haben. Es gab
schwerwiegende Interessenskonflikte, es gab keine Transparenz.“
Der Film erzählt die Geschichten von Menschen, die
sich auf die Benotung der Agenturen verlassen und ihr Erspartes oder
hart erarbeitetes Gemeindegeld verloren haben. Nie mussten die
Rating-Agenturen für Ihre Fehler haften. Als US-amerikanische
Unternehmen haben sie sich auf das Recht der freien Meinungsäußerung
berufen, und die ist in den USA verfassungsrechtlich geschützt.
Die Dokumentation macht deutlich, dass nach und nach
ein Umdenken beginnt. Justizbehörden und Gerichte werden aktiv. Zum
ersten Mal überhaupt wurde erst kürzlich in Australien die weltweit
größte Rating-Agentur zu Schadenersatz verurteilt. Und jetzt stehen in
Frankfurt und New York weitere Prozesse an.