15.12.17
Die Flucht der Dichter und Denker
"Emergency Rescue Committee" - wie einem Teil der geistigen Elite Europas die Flucht vor den Nazis gelang.
Am 25.
Juni 1940 bittet der weltberühmte Schriftsteller Thomas Mann, der seit 1938 im
US-amerikanischen Exil in Princeton lebt, zu einem Lunch in das noble New
Yorker Hotel Commodore. Ein Telegramm von Schriftstellerkollegen hat ihm die
ausweglose Lage vor Augen geführt, in der sich die vor den Nazis flüchtende
Kultur- und Wissenschaftselite in dem nunmehr besetzten Frankreich und in dem
mit der Gestapo kollaborierenden Vichy-Regime befindet. 200 geladene Gäste -
Künstler, Professoren, Journalisten und Unternehmer - spenden an diesem Tag
eine erkleckliche Summe, gründen das "Emergency Rescue Commitee" und
beauftragen einen exzentrischen jungen Mann namens Varian Fry mit einer Liste
von 200 Namen in geheimer Mission nach Frankreich zu reisen, um diese Menschen
zu retten.
Auf
dieser Liste befinden sich Hermann Leopoldi, Anna Seghers, Robert Stolz,
Friedrich Torberg, Karl Farkas, Franz Werfel und seine Frau Alma Mahler-Werfel,
Hannah Arendt, Alfred Döblin, Max Ernst, Alfred Polgar, Lion Feuchtwanger, Marc
Chagall, Walter Benjamin, Heinrich und Golo Mann und viele mehr.
Das
Husarenstück gelingt, auch wenn nicht alle die Strapazen und Gefahren der
Flucht überleben. Schließlich können rund 1.000 Künstler/innen, Intellektuelle,
Journalisten, Wissenschaftler - unter ihnen Nobelpreisträger - Dirigenten,
Universitätsprofessoren, Regimegegner etc. der drohenden systematischen
Vernichtung entkommen.
Herbert
Lackner, der 23 Jahre Chefredakteur des Nachrichtenmagazins "profil"
gewesen und bekannt für seine pointierten, zeitgeschichtlichen,
journalistischen Beiträge ist, entwirft in seinem neuen Buch "Die Flucht
der Dichter und Denker" die gleichermaßen spannende wie erschreckende
Geschichte einer durch Angst, Todesbedrohung und Bürokratiedschungel geprägten
Odyssee, die immer wieder an Ereignisse der Gegenwart erinnert.
Ö1