11.5.18

 

Die Digitalisierung bedroht alles, was ist

Philosoph Richard David Precht sieht in der Digitalisierung eine Ursache für den Klimawandel und fordert das bedingungslose Grundeinkommen.

„Nicht erwerbstätig zu sein, muss aufgewertet werden“, findet Richard David Precht. Der Philosoph hat gerade das Buch „Jäger, Hirten, Kritiker" veröffentlicht. Darin erklärt er, dass „die Digitalisierung alles bedroht, was ist“ und wir vor enormen Umwälzungen stehen. In der Geschichte habe ein technischer Fortschritt stets eine Revolution ausgelöst – vom Agrarland zum Land der Fabrikarbeiter und nun zur Digitalisierung, die unter anderem gleichförmige Dienstleistungsberufe automatisiert und viele Millionen Menschen arbeitslos machen wird. Etwa in der Versicherungsbranche, bei den Banken, in der Verwaltung und vielerorts mehr. Der Mensch als Reiz-Reflex-Mechanismus Es ist ein mächtiges Schreckgespenst, das Philosoph Precht da angesichts der digitalen Epoche heraufbeschwört. „Wir haben die Ruhe vor dem Sturm. Die Leute vertrauen der Politik nicht mehr. Und die Politik greift nicht ein, weil sie Angst hat, den Leuten Angst zu machen.“ Also macht jetzt Precht den Leuten ein wenig Angst. Vielleicht will er sein Buch verkaufen? Im Silicon Valley herrsche eine befremdliche Ideologie über den Menschen, so Precht. Nach deren Ansicht sei der Mensch nämlich nur ein Reiz-Reflex-Mechanismus. Heißt: Der Einzelne bekommt das, was er sucht und wird zugleich ausgekundschaftet. Auf diese Weise findet seine Freiheitlichkeit ein Ende. Der Mensch wird zunehmend unfreier und endet in totaler Kontrolle. „Die Welt wird immer besser“ In der Runde sitzt Unternehmer Philipp Westermeyer. Er ist einer der Veranstalter des "Online Marketing Rockstar"-Festivals – verdient sein Geld also mit dem Internet. „Per se ist die neue Technologie nichts Schlechtes. Die Leute haben mehr Sorge als nötig ist“, findet er. „Wir verstellen uns selber die Sicht. Fundamental ist die Welt dabei immer besser zu werden.“ Dass Facebook, Google und Apple hier und da die Kundschaft aushorchen, manipulieren und Fehler machen, sieht Westermeyer eher lässig. „Die Produkte sind cool. Sie bieten etwas, was die Leute haben wollen.“ Auch werde ja nachjustiert, wenn ungute Dinge passieren.

Bedingungsloses Grundeinkommen


Weil zwar viele neue Job im digitalen Bereich entstehen, aber in anderen Berufspaten viele Menschen ihren Job verlieren würden, darf das Einkommen nicht ausschließlich an den Erwerb gekoppelt sein, erklärt Philosoph Precht und verlangt das bedingungsloses Grundeinkommen von 1500 Euro für alle. Da dieses Grundeinkommen nicht – wie etwa Hartz 4 – mit einem zusätzlichen Verdienst verrechnet werden müsse, würde es dazu führen, dass der Mensch mehr über sich nachdenkt und für und an sich arbeitet. Fazit: Das Individuum verrichtet keine Arbeit mehr, die ihm wesensfremd ist. Ein schöner Gedanke – nur müsste jeder mit der Freiheit auch etwas anzufangen wissen.
Klimawandel durch Digitalisierung

Wie das bedingungslose Grundeinkommen finanziert werden könnte, hat Precht auch bereits vor Augen. Nicht mit der Einkommenssteuer und auch nicht mit der Maschinensteuer, bei der Abgaben auf Roboter gezahlt werden sollen, sondern per Finanztransaktionssteuer von vielleicht 0,3 oder 0,4 Prozent. „Das merkt kaum jemand“, findet Precht. Die größte Gefahr der Digitalisierung aber geht nach Prechts Meinung von ihrem Energieverbrauch aus. „Die Digitalisierung hat einen immensen Verbrauch von fossilen Energien. Wenn das so weiter geht, dann werden wir die Klimakatastrophe nicht überleben.“ Und in diesem Fall wäre es dann auch ziemlich egal, ob der Mensch frei oder unfrei ist.


Focus

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