26.6.18
Der Schatz im Mistkübel
Ein
Freund hatte den Inhalt einer Wohnung geerbt und mich eingeladen, die
verlassenen Räume zu besuchen. Vielleicht fände ich etwas, das mich freuen
könnte. Ich öffnete die Tür und befand mich in einer Welt, die seit Jahren vor
sich hingedämmert hatte und immer weiter verfallen war.
Alles
das, was ich hier um mich versammelt fand, würde bald im Müll landen. Manches
hatte für den Verstorbenen wohl Bedeutung gehabt, aber dem Außenstehenden
erschien das alles stumm und fremd. Ein Leben ist gelebt worden und hat um sich
Dinge aufgehäuft. Nun, da das Leben gegangen war, blieb bloß Abfall. Ich ging
durch die Räume. Was früher gebraucht worden war und Verwendung fand, schien
nun unbrauchbar und unnütz. Decken, Polster, Möbel, Küchengerät und all die
Dinge, die seit Jahren keine Pflege mehr erhalten hatten. Über einer Bank hing
ein kleines, dunkles Bild. Es schien mir merkwürdig. Ich schaute genauer und
stand vor einem Meisterwerk. Wie konnte das sein? Inmitten all der anderen
Dinge dieses Kunstwerk von unfassbarem Zauber. Es war eine Arbeit von Franz
Anton Maulbertsch, dem größten Malergenie im Österreich des 18. Jahrhunderts.
Was
bleibt, wenn einer geht? Volle Mistkübel, Wohnungen voll unbrauchbarer
Gegenstände, schlechte Luft und trübes Wasser? Das mag schon sein. Meist wird
ja ein Leben lang gesammelt, aufgehäuft und verbraucht. Doch vielleicht gibt es
in all dem Verbrauchten etwas zu entdecken. Den Schatz im Acker, die Perle im
Mist - aber wer entdeckt das?