21.6.15

 

Wie Jugendliche glauben

Mit der Institution Kirche können sie nichts anfangen, aber deshalb sind sie nicht gottlos und ohne Werte: Im Gespräch mit STADT GOTTES erklärt die Linzer Theologin und Religionspädagogin Ilse Kögler, woran junge Menschen heute glauben.

Der gesellschaftliche Wandel, der seit den 1960er-Jahren in Europa stattgefunden hat, betrifft nicht nur die Jugendlichen, sondern auch die Erwachsenen. Die katholische Kirche hat heute keine Monopolstellung mehr im Feld des Religiösen, sondern ist eine von vielen AnbieterInnen auf dem Markt von Lebensbewältigung, Wertevermittlung und Alltagsorientierung.

Religiöse Fragen werden zunehmend privatisiert. Jeder meint, selbst um seine spirituellen Bedürfnisse Bescheid zu wissen. Man wählt unbekümmert aus einer Vielfalt von Angeboten aus – solange sie helfen, das eigene Leben bewältigen zu können.
Man spricht in diesem Zusammenhang von Patchwork-Religion: Jugendliche, aber auch Ältere, basteln sich aus verschiedenen Teilen von Sinnangeboten, aus christlichen, aber durchaus auch aus anderen Religionen, das zusammen, was sie gerade im Leben brauchen. Viele glauben an eine unbestimmte, höhere Macht, aber es werden keine religiösen Praktiken wie beten, Bibel lesen usw. ausgeübt.


Für die meisten Jugendlichen ist Religion nicht das primäre Thema in ihrem Leben, nur dann und wann bricht es durch, z. B. wenn es ihnen in einer Lebenssituation nicht gut geht.

Wir dürfen nicht warten, dass Jugendliche zu uns in die Kirche kommen, sondern wir müssen dorthin gehen, wo die Jugendlichen sind. Nicht missionieren, sondern als Gesprächspartner zu lebensrelevanten Themen zur Verfügung stehen.  


Nicht von ungefähr steht Familie neben Freunden, einer fixen Paarbeziehung und einem sicheren Arbeitsplatz bei den Werten ganz oben. Oft ist es ein Mythos von Familie, den sie gar nicht mehr immer erleben – sie wünschen sich einen Ort, wo sie dazugehören, wo sie aufgefangen werden, wenn es ihnen schlecht geht. Weitere wichtige Werte sind Vertrauen, Ehrlichkeit, Rücksicht, Geborgenheit. Geld kommt ganz weit hinten.

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