18.11.15

 

"Ich werde euch nicht hassen": So mutig schreibt der Mann eines Anschlagsopfers an den IS

Ein paar Tage sind vergangen seit den Terroranschlägen in Paris. Doch noch immer stehen viele Menschen unter Schock, können kaum begreifen, was in der französischen Hauptstadt passierte und 132 Menschen das Leben kostete.
Es ist schwer nachzuvollziehen, wie es den Angehörigen der Opfer gehen muss, die ihre Verwandten auf so grausame und unerwartete Weise verloren haben. Aber es wäre verständlich, wenn Gefühle wie Wut und Hass an die Oberfläche drängten - blinde Wut auf die Menschen, die für die Terroranschläge verantwortlich sind.
Antoine Leiris aber reagierte nicht mit Hass. Er reagierte ganz anders. Der Pariser hat bei den Anschlägen am Freitagabend seine Frau verloren. Die Mutter seines 17 Monate alten Sohnes. Am Montag schrieb Leiris einen offenen Brief an den IS. Seine Botschaft geht seitdem um die Welt und wurde bereits knapp 100.000 Mal geteilt.

"Ich werde euch nicht hassen!"
"Freitagabend habt ihr das Leben eines ganz besonderen Menschen ausgelöscht. Der Liebe meines Lebens, der Mutter meines Sohnes. Aber ich werde euch nicht hassen.
Ich weiß nicht, wer ihr seid. Und ich will es auch nicht wissen. Ihr seid tote Seelen. Wenn der Gott, für den ihr so blind tötet, uns nach seinem Antlitz gemacht hat, dann wird jede Kugel im Körper meiner Frau eine Kugel in seinem Herzen gewesen sein.
Ich werde euch nicht den Gefallen tun, euch zu hassen. Ihr habt es mit Sicherheit verdient, aber auf Hass mit Wut zu antworten, würde bedeuten, mit derselben Ignoranz zu reagieren, die euch groß gemacht hat. Ihr wollt, dass ich Angst habe. Dass ich in die Augen meiner Mitmenschen gucke und niemandem mehr vertraue. Ihr habt verloren. Ich werde weiterleben wie bisher.
Ich habe sie heute morgen gesehen. Endlich, nach Tagen des Wartens. Sie war genauso schön wie am Freitagabend als sie ging, genauso schön wie sie war, als ich mich vor zwölf Jahren unendlich in sie verliebt habe. Mein Herz ist zerbrochen, das muss ich euch eingestehen. Aber das wird vorbeigehen. Denn ich weiß, dass sie bei uns ist und dass wir uns eines Tages wiedersehen. In einem Paradies der freien Seelen, zu dem ihr keinen Zutritt habt.
Jetzt sind wir nur noch zu zweit, mein Sohn und ich. Aber wir sind stärker als alle Armeen dieser Welt. Doch jetzt habe ich keine Zeit mehr, euch zu schreiben. Denn mein Sohn Melvin wacht gerade auf. Er ist erst 17 Monate alt. Er wird erst eine Kleinigkeit essen, dann wird er ein bisschen spielen. Wie jeden Tag. Und jeden Tag wird dieser kleine Junge euch beschämen, denn er ist glücklich und frei. Denn ihr werdet auch seinen Hass nicht bekommen."


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