8.4.16

 

Stadtmönche - klösterlicher Lifestyle für Stadtmenschen

Lebst Du wie ein Mönch?

Sind Mönche nur noch etwas fürs Museum? Werden irgendwann alle Klöster in Deutschland ausgestorben sein und nur noch als Inhalte von Geschichtsseminaren an Universitäten oder für Kulturreisen für Oberstudienräte dienen müssen? Manchmal kann man das meinen – und nicht selten befürchten. Wenn man selber Mönch ist und in einem Kloster lebt, dann spürt man sehr deutlich, wie ein Kloster nach dem anderen schließt, wie Gemeinschaften und Ordensprovinzen zusammengelegt werden und ganze Konvente in Altersheime umziehen.
Um so stärker werden Professen und Noviziatsaufnahmen in der Presse erwähnt und gefeiert.
Aber machen wir uns nichts vor, das klösterliche Leben und die klösterliche Kultur, wie wir sie kennen, wird es nur noch an wenigen Orten in Deutschland geben – quasi wie in einem Reservat.
Doch eins glaube ich nicht, dass das mönchische Leben damit verschwinden wird. Es wird vielleicht nicht mehr kirchlich gebunden sein und ob es sich immer auf christliche Wurzeln berufen wird, sei noch dahingestellt.
Ganz im Gegenteil, ich glaube, dass das mönchische Leben gerade eine echte Alternative und eine Möglichkeit für viele sein kann.
Und deshalb möchte ich Dir ein paar wesentliche Aspekte eines solchen neuen Mönchtums vorstellen – vielleicht ist das ja auch eine Möglichkeit für Dich?
Wir haben unsere Seite vor Monaten zu einem Blog gemacht, um möglichst vielen von dieser Form des Mönchseins mitzugeben. Ein Mönchsein, dass für Männer und Frauen zugleich, für Glaubende und Zweifelnde ebenso, für alle Suchenden eine Möglichkeit und eine Form sein kann. Ein solches Mönchsein ist unabhängig davon, ob ich verheiratet bin oder getrennt lebe, geschieden bin oder gerade frisch verliebt.
Dem Leben eine Richtung und Orientierung zu geben, eine Form, eine Prägung, darum geht es.

 1. Den Tag gestalten

In Amerika gibt es den Begriff des “Urban Monk”, des Stadtmönchs, der nicht in einer Klausur lebt, sondern mitten in einer Familie als Mutter oder Vater oder auch allein als Single. Es gibt einiges, was zu diesem neuen Mönchtum dazu gehört und ich will es an dieser Stelle nochmals sagen: wenn ich vom Mönch spreche meine ich nicht, dass es hier nur um Männer geht, immer sind beide oder alle Geschlechter gemeint. Ich glaube, dass auch zu einem zukünftigen mönchischen Leben ein Rahmen oder eine Form des Alltags gehört, Zeiten, die reserviert sind. Nicht die Beliebigkeit, sondern die Klarheit des Alltags wird auch für den Urban Monk wichtig sein. Weder im Buddhismus noch im Christentum leben Mönche oder Nonnen in den Tag hinein, sondern halten sich an Tagesabläufe. Und das tun sie nicht nur, weil es so abgesprochen ist, sondern weil die äußere Struktur die innere beeinflusst. Wenn ich bspw. immer zu gleichen Zeit meditiere, dann fällt es der Seele leichter, sich darauf einzustellen und sich für die Meditation zu öffnen.

2. Zeit für Kontemplation

Für alle Mönche ist es wichtig, dass sie Zeiten der intensiven Gotteserfahrung und der inneren Sammlung haben. Gerade für Urban Monks wird es wichtig sein, im Trubel der Stadt und der Arbeit eine Zeit zu haben, sich um die eigene Seele und um Gott zu kümmern. Vermutlich wird das weniger das Stundengebet in seiner bisherigen Form sein, kann es aber natürlich auch. Aber Zeiten der Meditation oder Kontemplation werden wichtig sein. Es kann auch Tai Chi sein oder gar das Joggen, wenn es nicht nur die körperliche Fitness zum Ziel hat.

3. Minimalistischer Lebenstil

Minimalismus ist total in – es gibt zahlreiche Blogs dazu. Es geht dabei darum, durch weniger materielle Dinge intensiver zu leben. Das gehört ganz gewiss auch wesentlich zum mönchischen Leben dazu. Der Urban Monk wird nicht in Armut leben, vermutlich nicht, aber er wird darauf achten, mit weniger zufrieden zu sein. Der Mönch konzentriert sein Leben auf geistige Güter und nicht auf materielle.

4. Lesen, lesen, lesen

Die Seele braucht Futter, und das besteht nicht nur aus Meditation und Gebet, sondern auch aus einer geistigen Auseinandersetzung. Das Lesen gehört fundamental zur benediktinischen Tradition dazu. Auch für das mönchische Leben außerhalb von Klostermauern wird das Lesen guter Bücher wichtig sein. Dazu zählen gute Literatur, geistliche Bücher aller Traditionen und die Schriften der Mystiker dieser Welt.

5. Beten für die Stadt

Der Mönch in der Stadt ist auf Gott bezogen, was immer er darunter versteht. Und dazu gehört das Beten. Diese Form, sich mit Gott zu verbinden, ist nochmals von der Meditation zu unterscheiden, bei der ja nicht bewusst eine Nähe zu Gott aufgebaut wird, sondern in der man sich dem Prozess der Stille stellt. Beim Beten jedoch sucht man die Nähe zu Gott, spürt die Zuwendung Gottes und betet.

6. Treue zur Stadt

Der benediktinische Mönch lebt die Stabilitas, das ist die Treue zur konkreten Gemeinschaft. Man verspricht als Benediktiner, treu in der Gemeinschaft zu bleiben – in guten wie in schweren Zeiten. Ähnliches kann auch für den Urban Monk gelten, in Bezug auf die Stadt in der er oder sie lebt. Das ist die Treue zur eigenen Stadt. Es braucht kein spirituelles Umfeld, sondern eine Treue zur Realität der Stadt. Und diese Realität kann in Berlin-Marzahn genauso sein wie in Hamburg-Eimsbüttel, in der Innenstadt wie am Stadtrand, im Chemnitz wie in Passau.

7. Alleinsein üben

Zum mönchischen Lebensstil gehört die Kunst, allein sein zu können und der Wille, das Alleinsein immer wieder zu suchen. Dieser Aspekt gehört gewiss zu den Basics. Immerhin kommt das Wort Mönch von dem griechischen Wort für Alleinsein, einzeln sein. Dieses Alleinsein kann man mitten in der Stadt üben. Abends oder frühmorgens durch die Straßen gehend, aber auch mitten im Trubel ist das Alleinsein oft zum Greifen nahe. Es ist auch ein Akt der Solidarität mit den vielen, die unfreiwillig alleine sind und darunter leiden.

8. Sich entscheiden

Wer mönchisch leben möchte, braucht eine Entscheidung. Es ist nichts, was man mal für eine Woche tut, sondern etwas, was man lebt. Es wird auch nur dann wirklich Früchte tragen, wenn Du es eine Zeit lang gelebt hast. Man muss sich entscheiden und damit andere Lebensformen und Lebensstile ausschließen. Das heißt nicht, dass ein Mensch, der mönchisch leben möchte, nicht auf einer Party zu finden ist, aber er wird anders auf dieser Party sein und vielleicht früher gehen als andere und vielleicht sich immer wieder herausziehen, um das Erleben zu spüren.

9. Auszeiten suchen

Passend zum Alleinsein braucht der Mensch, der mönchisch leben möchte, Auszeiten, Tage, Wochen, wo er sich zurückzieht und eine lange Zeit meditiert, betet und sich von einem Gegenüber Impulse holt. Dazu können auch Selbsterfahrungseminare gehören, eine Woche der Stille oder eine Woche kreatives Training. Alles, was das menschliche Potential zu entwickeln hilft, alles, was den Menschen zu sich führt, alles, was sich auf Gott bezieht und zu dem Menschen passt, ist geeignet.

10. Solidarität leben

Der Mönch in der Stadt wird Solidarität leben, wird gerne geben, ohne sich etwas vorzumachen. Er wird sich ehrenamtlich engagieren, oder einfach versuchen, gerade zu den Randständigen freundlich zu sein. Dabei wird das Engagement nicht nur bei den Menschen Halt machen – manche werden sich vielleicht gar nicht explizit um Menschen kümmern. Tiere und Natur, aber auch Kultur brauchen Menschen mit einer Geisteshaltung und mit Liebe zur Arbeit. Auch hier kann Solidarität gelebt werden.
Um es auf den Punkt zu bringen: mönchisch zu leben ist vor allem nicht irgendein Tun, es ist eine Haltung. Und wenn nicht die rechte Haltung vorhanden ist, dann nützen auch die oben erwähnten Aspekte nichts.
Und die Haltung möchte ich so beschreiben:
offen zu sein, für das was sich zeigt
offen zu sein für die Gegenwart des Göttlichen
sich führen zu lassen
und an der Präsenz Gottes in jedem Schweinestall glauben.
Nun? Ist diese Form mönchischen Lebens auch etwas für Dich?

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