27.2.17

 

Steckbriefe für Antibiotika

„Fast alle Antibiotika werden am besten nüchtern eingenommen, außer Ester oder wenn Patienten starke Magenprobleme haben“, erinnerte Anna Laven in einem von der Adexa und Stada unterstützten Seminar in Berlin. Auch könnten Eltern das Antibiotikum unter das Essen mischen, falls ihre Kinder sich das Mittel nicht mit der Spritze geben lassen. Denn das Wichtigste sei die Compliance, wozu das Apothekenteam erheblich beitragen könne. Dazu gehören auch positive, motivierende Formulierungen wie: „Bei regelmäßiger Einnahme fühlen Sie sich schon nach zwei Tagen besser.“

Da sich der Mensch in der Regel nur fünf plus/minus zwei Einzelinformationen merken kann, sollte man sich in der Apotheke auf drei Dinge beschränken und dies möglichst auch mit drei Fingern kenntlich machen. Denn das Visuelle merke sich der Patient, so die Pharmazeutin. Sie empfahl, Dosierung und Dauer der Einnahme stets auf die Packung zu schreiben. Da auch der Apotheker nicht alle Dosisangaben im Kopf haben kann, sollte er ruhig den Beipackzettel bemühen. Um dennoch kompetent und souverän zu wirken, sei es ratsam, diesen nicht einfach vorzulesen, sondern dem Patienten die für ihn relevanten Passagen zu unterstreichen.

Als dritten Punkt in der Beratung nannte Laven die arzneimittelspezifische Information. Dabei gilt es abzuwägen, was für den Patienten besonders wissenswert ist. Junge Frauen sollten darüber informiert werden, dass auf Grund der veränderten Darmflora der enterohepatische Kreislauf der Estrogene gestört und damit die Kontrazeption in Frage gestellt sein kann. Hier könnte man zudem fragen, ob die Betreffende Kondome benötige.

Ebenfalls auf Grund der beeinträchtigten Darmflora rufen Antibiotika häufig Diarrhöen hervor. Darauf sollte der Apotheker vor allem bei Kindern hinweisen und betonen, das Antibiotikum dennoch weiterzugeben. Nur bei anhaltendem Durchfall sollte sich der Patient an den Arzt wenden, da sich dahinter eine pseudomembranöse Kolitis verbergen kann. Antibiotika erhöhen zudem die Wirkung von Digoxin oder oralen Antikoagulanzien, so dass bei einer mehr als fünf Tage dauernden Therapie auf eine Dosisanpassung hinzuweisen ist.

Jedes Antibiotikum hat seine Tücken
Penicillin V ist das bevorzugte Antibiotikum in der Schwangerschaft und kann auch im ersten Trimenon genommen werden. In 1:100.000 Fällen haben Patienten jedoch eine Penicillinallergie, die mit einem anaphylaktischen Schock einhergeht und somit lebensbedrohlich sein kann. Dies gelte es immer im Vorfeld abzuklären, ebenso bei Aminopenicillinen oder Cephalosporinen, bei denen Kreuzallergien möglich sind. Wichtig ist es zudem, in der Apotheke nach einer Penicillinallergie beim Partner zu fragen. Denn das Antibiotikum werde auch mit dem Ejakulat ausgeschieden und könne so zur allergischen Reaktion führen, informierte die Apothekerin. Auch in diesem Fall sollte zum Gebrauch von Kondomen angehalten werden.

Darüber hinaus können Aminopenicilline ein nichtallergisches Exanthem hervorrufen, das sich im Gegensatz zur Penicillinallergie auf einen rötlichen Ausschlag beschränkt, dem man mit Antihistaminika und Flüssigkeitszufuhr begegnen kann. Wie bei vielen oralen Antibiotika kann Acetylcystein die Wirkung von Penicillinen abschwächen, weshalb Apotheker generell zu einer Einnahme mit einem Abstand von mindestens zwei Stunden raten sollten.

Während Amoxicillin zwar breiter wirksam als Penicillin G ist, besteht in der Schwangerschaft eine strenge Indikationsstellung. Die Kombination mit Clavulansäure kann die Inaktivierung durch die bakterielle β-Laktamase verhindern, sie ist jedoch nicht für alle Patienten zu empfehlen. Da Clavulansäure in einer Studie lebertoxisch wirkte, sollten Patienten mit schlechten Leberwerten und im höheren Alter ein anderes Präparat erhalten.

Chephalosporine gelten bei Erwachsenen als Mittel der Reserve nach Amoxicillin, Doxycyclin und Erythromycin. Bei Kindern scheinen sie jedoch besser verträglich zu sein als Erythromycin und Amoxicillin. Die Zubereitung der entsprechende Trockensäfte müssten Apotheker stets erklären oder den Eltern abnehmen und sollten zudem darauf achten, ob die verordnete Menge für die Dauer der Behandlung (dosiert wird nach dem Gewicht) ausreicht. Auch bei Säften sollte stets etwas Wasser nachgetrunken werden. Liegen die Substanzen wie bei Cefpodoximproxetil oder Cefuroximaxetil als Ester vor, ist die Bioverfügbarkeit bei Einnahme mit oder nach dem Essen um bis zu 30 Prozent gesteigert, da die Kontaktzeit zur Darmmukosa länger ist. Im Gegensatz zu anderen Oralcephalosporinen sollten Ester daher nicht nüchtern genommen werden.

Nicht für kleine Patienten (unter acht Jahren) geeignet sind Tetracycline wie Doxycyclin, da sie Zahnverfärbungen sowie ein verzögertes Knochenwachstum hervorrufen können, weshalb sie auch in Schwangerschaft und Stillzeit kontraindiziert sind, erinnerte die Referentin. Ihren Patienten „verordne“ sie wegen möglicher Photodermatosen eine „absolute Sonnenbankkarenz“ und empfehle im Sommer stets ein Sonnenschutzmittel dazu. Fehlen darf hier auch nicht der Hinweis, das Antibiotikum nicht mit Milch oder Milchprodukten oder gleichzeitig mit Antacida einzunehmen, da zweiwertige Kationen die Resorption vermindern. Da Tetracycline die Magenschleimhaut reizen, können Patienten diese auch zur Mahlzeit einnehmen. Wichtig ist hier, die Tabletten in aufrechter Position mit einem Glas Wasser zu schlucken, um Schleimhautschäden beim Steckenbleiben zu vermeiden. Zwar gebe es bereits viele Resistenzen, bei seltenen Erregern wie Mykoplasmen, Chlamydien, Rickettsien oder Borrelien sei Doxycyclin hingegen weiterhin wirksam.

Ebenfalls nicht für Kinder (bis 18 Jahre) geeignet sind Gyrasehemmer, da sie den Gelenkknorpel in der Wachstumsphase schädigen. Kontraindiziert sind sie zudem bei reduzierter Nierenfunktion oder erniedrigter Krampfschwelle, zweiwertige Kationen und Antacida beeinträchtigen die Resorption. Erwachsene, die während der Therapie über Beinschmerzen klagen, sollten umgehend zum Arzt geschickt werden. Denn schon bei geringfügiger Belastung können Sehnen- oder Muskelrupturen auftreten, weshalb Apotheker darauf hinweisen sollten, keinen Sport zu treiben. Da Gyrasehemmer die Wirkung von Sulfonylharnstoffen wie Glibenclamid verstärken, müssen Diabetiker auf Symptome einer Hypoglykämie achten und möglichst Traubenzuckerlösung bei sich tragen. Patienten sollten zudem ihren Kaffeekonsum einschränken, da Gyrasehemmer auch die Konzentration von Coffein erhöhten. ZNS-Nebenwirkungen wie Verwirrtheit, Halluzinationen oder Krämpfe können die Teilnahme am Straßenverkehr beeinträchtigen.

Nichts für Allergiker, die ihre allergische Rhinitis mit Terfenadin oder Astemizol bekämpfen, sind Makrolide, da die Kombination lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen auslösen kann. Auch Leberfunktionsstörungen beschränken die Anwendung. Die Referentin empfahl Roxithromycin gegenüber Erythromycin, da es besser bioverfügbar sowie verträglich sei, nur ein- bis zweimal täglich gegeben werden müsse und weniger Arzneimittelinteraktionen hervorrufe. In der Apotheke sollte man die Patienten darauf hinweisen, die Einnahme auch bei Bauchschmerzen, einer häufigen Nebenwirkung, fortzusetzen.

Abschließend wies Laven darauf hin, dass bakteriostatische (Tetracycline, Makrolide) und bakterizide Antibiotika (Penicilline, Cephalosporine, Gyrasehemmer) in der Regel nicht kombiniert werden sollten, da Letztere nur in der Phase des Bakterienwachstums wirken, das gerade von bakteriostatischen Mitteln gehemmt wird.

Zeigt sich nach drei Tagen noch keine Wirkung, sollte der Patient erneut zum Arzt gehen, um abzuklären, ob Resistenzen oder eine Abwehrschwäche vorliegen oder die Ursache der Erkrankung nicht bakteriell ist. Möglich ist auch, dass der Arzneistoff nicht ausreichend zum Infektionsort penetrieren kann, er zum Beispiel nicht knochengängig ist oder der Erreger sich in einem Abszess abgekapselt hat. Nicht vergessen sollte man in diesen Fällen zu hinterfragen, ob nicht ein Dauerkatheter oder Port mit dem Erreger befallen sein könnte.

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