5.12.17
Vom Aufschieben und Verzögern
Prokrastination
Wir
wissen, Stanley Kubricks Filmklassiker "Shining" geht nicht gut aus.
Er handelt vom Wahnsinn des Blockierten, vom verhinderten Genie, das an seiner
Unfähigkeit leidet, die genialen Gedanken und Phrasen, die seinen Kopf
bewohnen, zu Papier zu bringen. Er handelt von "Prokrastination" - im
Deutschen "Aufschieberitis" genannt. Der Modebegriff,
jahrhundertelang ein Tabu, taucht als scheinbar neues Phänomen in den
Feuilletons auf: Die Angst vor der weißen Seite, die Leere im Kopf im Moment
des Loslegens, Übelkeit, Gedächtnisausfälle, Sehstörungen, Kreislaufprobleme.
Manische Anfälle von Ordnungswut und Hunger - die kreative Blockade kennt viele
Ausdrucksformen.
Wenige
Menschen bleiben davon verschont, wer intensiv darunter leidet, dessen Leben
gerät aus dem Lot. Denn schlechtes Gewissen, Gefühle von Unfähigkeit und
Ineffizienz schlagen auf das Gemüt - umso schwerer je leistungsorientierter die
Welt ist, in der wir leben. Denn Nichtstun wiegt als schwerer Makel. Und
scheinbares Nichtstun wie Nachdenken, Sammeln von Ideen, Lesen von Texten und
Artikeln und Planen von Abläufen verursachen Scham und
Minderwertigkeitsgefühle. Und geht es dann ans tatsächliche kreative Arbeiten,
kommt ständig etwas dazwischen. Morgen, heißt es dann, übermorgen, irgendwann.
Ö1