Stimmen
in der vor einem Jahr gegründeten Sozialstaatsschutz-Initiative
“Christlich geht anders” – prominentester Unterzeichner ist der
Salzburger Erzbischof Franz Lackner – äußern die Befürchtung, dass
Türkis-Blau eine Regierung “der Spaltung der Gesellschaft” wird. Ein
Jahr nach dem Start der Initiative (
www.christlichgehtanders.at)
wurde dies beim Vikariatstag der “Katholischen ArbeitnehmerInnen
Bewegung” (KAB) am Sonntag im niederösterreichischen Lanzenkirchen
(Südvikariat der Erzdiözese Wien) thematisiert, wie es in einer
KAB-Aussendung von Dienstag heißt.
“Christlich geht anders”-Mitinitiator Stephan Schulmeister hob die
Notwendigkeit eines gut funktionierenden Sozialstaates hervor und wies
auf Bedrohungen, insbesondere geplante Umverteilungen zugunsten der
Gutverdiener, hin: “Die Aussagen der Parteien, die gerade ihr
gemeinsames Regierungsprogramm verhandeln, lassen hier Auswirkungen
befürchten, die eine zunehmende Ungleichheit, ja eine Spaltung der
Gesellschaft forcieren.” Neoliberale Wirtschaftsideen spielten die
Menschen gegeneinander aus und brächten eine Aushöhlung des
Sozialstaates mit sich.
Als Beispiel nannte Schulmeister die Abschaffung der
Körperschaftssteuer, die nur die obersten drei Prozent massiv entlaste.
“Und durch den sogenannten Steuerbonus auf jedes Kind, werden nur die
sehr gut Verdienenden, mit über 2.500 Euro Bruttolohn, entlastet. Damit
wird der soziale Grundsatz, dass jedes Kind gleich viel wert sein soll,
aufgeweicht. Tatsächlich geschieht dadurch eine Umverteilung von unten
nach oben”, so der Experte.
Das christliche Menschenbild ziele aber “auf die gleiche Würde aller
Menschen”, unterstrich Schulmeister. Daher sei eine Ungleichbehandlung
von Kindern grundsätzlich abzulehnen. Ganz im Gegenteil müsse gerade
hier angesetzt werden, um Benachteiligung aufgrund von sozialen
Umständen entgegenzuwirken. Mit der für alle in gleicher Höhe
ausbezahlten Kinderbeihilfe werde hier von vornherein einer staatlichen
Ungleichbehandlung entgegengewirkt, legte der Wissenschaftler dar.
Staatliche Leistungen im Rahmen der Bildungs- und Familienpolitik
erleichterten zudem die gesellschaftliche Teilhabe und Integration. Sie
ermöglichten damit einen gesellschaftlichen Aufstieg und erzeugten so
ein Mehr an Chancengerechtigkeit.
Schulmeister griff auch die Debatte um die Kürzung der Kinderbeihilfe
für Kinder, die nicht in Österreich leben, auf. Dieses Vorhaben werde
vorrangig Kinder von 24-Stunden-Betreuerinnen treffen. Wenn hier also
mit Kürzungen angesetzt werde, ohne die Entlohnung zu erhöhen, so sei
das ein Skandal, der diese Frauen und ihre Kinder empfindlich, ja
existenziell treffen werde.
Der “Christlich geht anders”-Mitinitiator stellte einen direkten
Bezug zwischen der Katholischen Soziallehre und dem europäischen
Sozialstaatsmodell her. Modifizierungsbedarf sehe er im Arbeitsbereich,
in der Abkehr vom Dogma der notwendigen Überproduktion, welche letzten
Endes sowohl die Umwelt als auch die Menschen schwer belaste.
Schulmeister stellte zum Schluss die grundsätzliche Frage nach dem
Guten Leben für alle, nach neuen Arbeitsmodellen und
Arbeitszeitmodellen, und er betonte die Notwendigkeit, sich nicht
entmündigen zu lassen, sondern sich einzumischen. Dies habe Papst
Franziskus von verantwortungsvollen Christen und Christinnen
eingefordert.
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