20.3.18

 

Eine Budgetrede aus biblischer Sicht

.. hält die evangelisch-reformierte Theologin und Religionslehrerin Gisela Ebmer.

Am 21. März wird Finanzminister Löger seine Budgetrede halten. Als evangelisch-reformierte Christin versuche ich eine Budgetrede aus biblischer Perspektive: Liebe Bürgerinnen und Bürger! Wir leben in Österreich in einem der reichsten Staaten der Erde. Die Regierung erachtet es als wichtigstes Ziel, diesen Wohlstand zu erhalten. Daher haben wir nach zähem Ringen und wochenlangen Verhandlungen nun beschlossen:
"Ihr sollt Witwen und Waisen nicht bedrücken. Wirst du sie bedrücken und werden sie zu mir schreien, so werde ich ihr Schreien erhören."
Alleinerziehende und Pensionistinnen bekommen daher staatliche Förderungen, die ihnen ermöglichen, am Wohlstand des österreichischen Staates teilzuhaben. Sie werden in Zukunft keine Probleme mehr haben, ihre Wohnung zu bezahlen und ausreichend zu heizen, sie können eine Waschmaschine kaufen und für ihre Kinder Winterstiefel. Alle Kinder, die in Österreich leben, werden im Kindergarten und in der Schule ganztägig gratis betreut. Sie lernen schon früh Sozialverhalten, kleine Pflichten zu übernehmen, füreinander da zu sein.
Schon im gesamten Alten Orient zählten Witwen und Waisen, das heißt Frauen, die den Ehemann, und Kinder, die den Vater verloren hatten, zu den sozial und wirtschaftlich, rechtlich und religiös Benachteiligten. Sie waren am stärksten von Ausbeutung bedroht, weil sie keinen Rechtsschutz und keine wirtschaftliche Absicherung hatten. Daher galt ihnen der ganz besondere Schutz Gottes und der Rechtsprechung.
"Und ich will zu euch kommen zum Gericht und will ein schneller Zeuge sein gegen die, die Gewalt und Unrecht tun den Tagelöhnern, spricht der Herr Zebaoth."
Eine zweite Gruppe von Menschen in unserem Staat, die ab nun besonders gefördert werden, sind, wenn es nach der Bibel geht, die Langzeit-Arbeitslosen. Damals waren dies jene Menschen, die keinen festen Arbeitsplatz hatten und Tag für Tag am Marktplatz standen in der Hoffnung, wenigstens für ein paar Stunden angeheuert zu werden, um Geld für die Familie nach Hause zu bringen. Arbeitslosigkeit und Elend waren 1938 große Motoren für den Anschluss an das Deutsche Reich. Damit so etwas nie wieder vorkommt, sollen die 400.000 arbeitslosen Menschen in Österreich durch das neue Budget unterstützt werden. Es werden Maßnahmen zur Reintegration in den Arbeitsmarkt gefördert. Diese Arbeitslosen und Tagelöhner sollen ein sicheres Einkommen zum Erhalt ihrer Familie bekommen und eine Arbeit, die ihnen wieder Selbstwert und Sinn im Leben gibt.
"Die Fremdlinge sollst du nicht bedrängen und bedrücken; denn ihr seid auch Fremdlinge in Ägyptenland gewesen."
Fremdlinge waren in biblischer Zeit Immigranten mit ethnisch fremder Herkunft, die sich auf Dauer in Israel niedergelassen haben. Sie hatten nicht den Status von Israeliten, genossen aber besonderen Schutz und wurden in die israelitische Volks- und Kultgemeinschaft integriert.
Daher gilt für das Doppel-Budget 18/19 in Österreich nach biblischer Ansicht der Schutz der Fremden als selbstverständliche Notwendigkeit, um den Wohlstand, sowie Ruhe und Frieden in unserem Land zu sichern. Ein beachtlicher Teil des Geldes wird für angemessene Wohnungen und Versorgung von Fremden verwendet, für medizinische und psychotherapeutische Behandlung für traumatisierte Flüchtlinge, es gibt ausreichend Sprachkurse ohne Entgelt, Rechtshilfe, Ausbildungsmöglichkeiten und gute Job-Angebote. All das kostet natürlich viel Geld, wird unserem Staat aber letztlich dienen.
Über 1 Million armutsgefährdete Menschen in Österreich sind zu viel! Die Bibel würde ihr Budget nicht nach der Leistung berechnen, die ein Mensch steuerlich oder anders einbringt, sondern allein nach seiner Bedürftigkeit. Das Ziel ist Friede und Wohlstand für alle.

Ö1
 

Comments: Kommentar veröffentlichen

<< Home

This page is powered by Blogger. Isn't yours?