23.3.09

 

Geiz

Geiz ist Lebensverneinung.
Ich häufe tote Dinge an.
Aber ich traue mich nicht, etwas zu genießen.
Das Haben ist für diese Menschen wichtiger als das Leben.
Wenn ich etwas genieße, habe ich es nicht mehr in der Hand.
Ich habe es konsumiert.
Der Geiz ist also immer auch mit Angst verbunden,
ich könnte nicht mehr so viel haben, wie ich brauche.

Der Geizige kann nicht genießen und wird so für andere ungenießbar.
Geiz kann zur Sucht werden.
Ich habe Angst, etwas nicht mehr zu haben, was ich jetzt noch besitze.
Also darf ich nichts weggeben, nichts genießen.

So wird der Geiz zu einem Teufelskreis der Enge und der Selbstvorwürfe,
wenn man sich doch mal etwas gegönnt hat.
Dieser Geiz ist letztlich Lebensverneinung.

Ich kann den Geizigen nicht durch moralische Appelle zur Großzügigkeit bringen.
Ich muss seine Angst ernst nehmen.
Nur wenn der Geizige sich seiner Angst stellt, kann er seinen Geiz lassen,
der ihn immer mehr einengt und von den Menschen entfernt.
Der Geizige isoliert sich und wird zum Gespött der andern.

Der Weg, vom Geiz frei zu werden, besteht darin,
sich seiner Angst zu stellen und mit seiner Angst zu sprechen.
Wovor habe ich letztlich Angst?
Ist es die Angst, zu verhungern oder zu kurz zu kommen?
Ist es die Angst, es könnte mir irgendwann einmal etwas fehlen?
Oder ist es die Angst, dass mir etwas aus den Händen genommen wird?
Dann wird die Angst fast zur Sucht:
Ich muss alles, was ich in den Händen habe, festhalten,
mich daran festklammern.

Indem ich mit der Angst spreche, kann ich sie zu Ende denken.
Und dann wird mich die Angst letztlich zu Gott führen.
Die Angst, zu kurz zu kommen, wird mir zeigen,
dass ich in Gott alles habe, was ich brauche,
dass ich da nie zu kurz kommen werde.

Anselm Grün

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