25.2.16
Kamel Daoud: Nach Fatwa neuer Angriff
"Die Humanisten und Anti-Islamisten in der islamischen Welt, die es
wagen, sich öffentlich kritisch gegen den Scharia-Wahn zu äußern, sind
in der Tat in der Minderheit. Ganz einfach, weil Kritik das Leben kosten
kann. Dass westliche Intellektuelle nun hergehen und den islamistischen
Dunkelmännern auch noch Munition liefern gegen diese Todesmutigen, das
ist ein Skandal":
http://www.aliceschwarzer.de/…/kamel-daoud-nach-fatwa-neuer…
Die Fatwa und diese Petition gegen Daoud gefährden sein Leben
Dieser Eingriff westlicher Intellektueller, gekoppelt mit der Fatwa algerischer Islamisten von 2014, könnten Daoud sein eh schon schweres Leben in seiner Heimat ab sofort noch viel schwerer machen – wenn nicht gar sein Leben gefährden. Was also hat der Journalist (der wöchentlich eine Kolumne für die Tageszeitung in Oran schreibt) und Schriftsteller (dessen gerade erschienener erster Roman „Der Fall Mersault – eine Gegendarstellung“ in 28 Sprachen übersetzt wurde) sich zuschulden kommen lassen?
In seinem Text (der in La Repubblica, New York Times, Le Monde und EMMA veröffentlicht wurde) analysiert Daoud die Kölner Silvesternacht als „Ort der Fantasmen“. Fantasmen von allen Seiten: Bei den einen würden „die alten Ängste vor einer Invasion der Barbaren“ wieder aufleben; die anderen, die „Gutmenschen mit der Überdosis Naivität“ würden den Flüchtling nur als Opfer sehen, aber nicht begreifen, dass er „aus einer Kultur-Falle kommt, die vor allem von seinem Verhältnis zu Gott und zur Frau bestimmt wird. (…) In Allahs Welt ist das Verhältnis zur Frau der zweite Gordische Knoten“, schreibt Daoud. „Die Frau wird verleugnet, abgelehnt, getötet, verschleiert, eingeschlossen oder in Besitz genommen.“
Schuld daran sind für den 45-jährigen Daoud die Islamisten. Die hatten in den 1990er Jahren Algerien in einen blutigen Bürgerkrieg gestürzt, der über 200.000 Menschen das Leben gekostet hat. Seither ist Algerien ein traumatisiertes Land. Die Menschen wissen nur zu gut, dass der Scharia-Islam nicht nur die Lebensfreude kosten kann, sondern auch das Leben.
Westliche Intellektuelle liefern Munition gegen die Anti-Islamisten
El Watan, die mutige antiislamistische Tageszeitung von Algier, erinnerte einen Tag nach der Veröffentlichung der Schmähschrift der 19 in einer leidenschaftlichen Stellungnahme für Daoud an die vielen in den „blutigen Jahren“ ermordeten algerischen Journalisten, „20 Jahre vor Charlie Hebdo“. El Watan fragt: „Wie kommen diese Intellektuellen mit ihrem strikten wissenschaftlichen Denken eigentlich darauf, dass Daoud, Boudjedra und Sansal (zwei weitere verfolgte Schriftsteller, Anm.d.Red.) zu einer ‚westlichen Minderheit‘ gehören? Was denn noch! Und selbst wenn es so wäre: Die Logik der Anzahl ist hier fehl am Platz.“
Um den Flüchtlingen gerecht zu werden, schreibt Daoud in seinem EMMA-Text, „muss man dem Körper Asyl bieten, aber auch die Seele davon überzeugen, sich zu ändern. (…) Asyl bedeutet nicht nur ‚Papiere‘ zu bekommen, sondern auch, die gesellschaftliche Übereinkunft der Moderne zu akzeptieren.“
Die Humanisten und Anti-Islamisten in der islamischen Welt, die es wagen, sich öffentlich kritisch gegen den Scharia-Wahn zu äußern, sind in der Tat in der Minderheit. Ganz einfach, weil Kritik das Leben kosten kann. Dass westliche Intellektuelle nun hergehen und den islamistischen Dunkelmännern auch noch Munition liefern gegen diese Todesmutigen, das ist ein Skandal.
Alice Schwarzer
Kamel Daoud: „Cologne, Ort der Fantasmen“, Essay, EMMA 2/2016. „Der Fall Mersault – eine Gegendarstellung“, Roman (KiWi).
In dem von einem „Collectiv“ in Le Monde veröffentlichten
Text gegen Kamel Daoud wird der Algerier von 19 französischen
WissenschaftlerInnen des Verrats bezichtigt. Er sei Teil einer
„westlichen intellektuellen Minderheit“ in seinem Land, der der
„europäischen Islamophobie einer europäischen Mehrheit“ das Wort rede.
Der „selbsternannte Humanist“ lasse in seinem Text „islamophobe
Phantasmen“ wieder aufleben, über die Pegida sich freuen würde.
Undsoweiterundsofort.
http://www.aliceschwarzer.de/…/kamel-daoud-nach-fatwa-neuer…
Die Fatwa und diese Petition gegen Daoud gefährden sein Leben
Dieser Eingriff westlicher Intellektueller, gekoppelt mit der Fatwa algerischer Islamisten von 2014, könnten Daoud sein eh schon schweres Leben in seiner Heimat ab sofort noch viel schwerer machen – wenn nicht gar sein Leben gefährden. Was also hat der Journalist (der wöchentlich eine Kolumne für die Tageszeitung in Oran schreibt) und Schriftsteller (dessen gerade erschienener erster Roman „Der Fall Mersault – eine Gegendarstellung“ in 28 Sprachen übersetzt wurde) sich zuschulden kommen lassen?
In seinem Text (der in La Repubblica, New York Times, Le Monde und EMMA veröffentlicht wurde) analysiert Daoud die Kölner Silvesternacht als „Ort der Fantasmen“. Fantasmen von allen Seiten: Bei den einen würden „die alten Ängste vor einer Invasion der Barbaren“ wieder aufleben; die anderen, die „Gutmenschen mit der Überdosis Naivität“ würden den Flüchtling nur als Opfer sehen, aber nicht begreifen, dass er „aus einer Kultur-Falle kommt, die vor allem von seinem Verhältnis zu Gott und zur Frau bestimmt wird. (…) In Allahs Welt ist das Verhältnis zur Frau der zweite Gordische Knoten“, schreibt Daoud. „Die Frau wird verleugnet, abgelehnt, getötet, verschleiert, eingeschlossen oder in Besitz genommen.“
Schuld daran sind für den 45-jährigen Daoud die Islamisten. Die hatten in den 1990er Jahren Algerien in einen blutigen Bürgerkrieg gestürzt, der über 200.000 Menschen das Leben gekostet hat. Seither ist Algerien ein traumatisiertes Land. Die Menschen wissen nur zu gut, dass der Scharia-Islam nicht nur die Lebensfreude kosten kann, sondern auch das Leben.
Westliche Intellektuelle liefern Munition gegen die Anti-Islamisten
El Watan, die mutige antiislamistische Tageszeitung von Algier, erinnerte einen Tag nach der Veröffentlichung der Schmähschrift der 19 in einer leidenschaftlichen Stellungnahme für Daoud an die vielen in den „blutigen Jahren“ ermordeten algerischen Journalisten, „20 Jahre vor Charlie Hebdo“. El Watan fragt: „Wie kommen diese Intellektuellen mit ihrem strikten wissenschaftlichen Denken eigentlich darauf, dass Daoud, Boudjedra und Sansal (zwei weitere verfolgte Schriftsteller, Anm.d.Red.) zu einer ‚westlichen Minderheit‘ gehören? Was denn noch! Und selbst wenn es so wäre: Die Logik der Anzahl ist hier fehl am Platz.“
Um den Flüchtlingen gerecht zu werden, schreibt Daoud in seinem EMMA-Text, „muss man dem Körper Asyl bieten, aber auch die Seele davon überzeugen, sich zu ändern. (…) Asyl bedeutet nicht nur ‚Papiere‘ zu bekommen, sondern auch, die gesellschaftliche Übereinkunft der Moderne zu akzeptieren.“
Die Humanisten und Anti-Islamisten in der islamischen Welt, die es wagen, sich öffentlich kritisch gegen den Scharia-Wahn zu äußern, sind in der Tat in der Minderheit. Ganz einfach, weil Kritik das Leben kosten kann. Dass westliche Intellektuelle nun hergehen und den islamistischen Dunkelmännern auch noch Munition liefern gegen diese Todesmutigen, das ist ein Skandal.
Alice Schwarzer
Kamel Daoud: „Cologne, Ort der Fantasmen“, Essay, EMMA 2/2016. „Der Fall Mersault – eine Gegendarstellung“, Roman (KiWi).