29.9.15
Verfolgt in Deutschland
Christen sind in hiesigen Asylbewerberheimen Übergriffen durch
fanatische Muslime ausgesetzt. Dabei flohen sie in der Hoffnung, hier
endlich ihren Glauben offen praktizieren zu können.
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Said lebt in einem Asylbewerberheim im
südlichen Brandenburg nahe der Grenze zu Sachsen. Es ist eines von den
"Dschungelheimen", ohne Anbindung an eine Buslinie. Dort leben vor allem
syrische Flüchtlinge, meist streng gläubige sunnitische Muslime. "Sie
wecken mich vor dem Morgengrauen während des Ramadans und sagen, ich
solle essen, bevor die Sonne aufgeht. Wenn ich ablehne, sagen sie, ich
bin ein ,kuffar', ein Ungläubiger. Sie spucken mich an", sagt Said. "Sie
behandeln mich wie ein Tier. Und drohen, mich zu töten." Said sagt, er
habe den Sicherheitsdienst gerufen. Den hätten seine Probleme nicht
interessiert. "Das sind doch auch alles Muslime."
Neben Said im Gemeindezimmer der evangelisch-lutherischen Dreieinigkeitskirche in Berlin-Steglitz
sitzt Pfarrer Gottfried Martens, auf dem Schoß einen Stapel Zettel. Es
sind seine Schreiben an die Leiter von diversen Flüchtlingsheimen, ans
Sozialamt, ans Berliner Landesamt für Gesundheit und Soziales, das die
Flüchtlinge auf die Notunterkünfte verteilt. Die Schreiben sind
Hilferufe, in denen Martens bittet, Mitglieder seiner Gemeinde zu
schützen oder in ein anderes Heim zu verlegen. "Manchmal versuchen die
Heimleiter zu helfen, manchmal bekomme ich gar keine Antwort", sagt
Martens. Rund 600 Afghanen und Iraner gehören zu seiner Gemeinde. Die
meisten von ihnen hat er selbst getauft. "Fast alle haben große Probleme
in ihren Heimen", sagt Martens. "Streng gläubige Muslime vermitteln
dort die Ansicht: Wo wir sind, herrscht die Scharia, herrscht unser
Gesetz." In der Küche dürfen Christen ihre Speisen nicht zubereiten. Wer
nicht fünfmal am Tag in Richtung Mekka betet, wird gemobbt. "Vor allem
Christen, die vom Islam konvertiert sind, haben als Minderheit zu
leiden", sagt Martens. "Und sie stellen sich schon die Frage: Was
passiert, wenn die streng gläubigen muslimischen Flüchtlinge das Heim
verlassen? Müssen wir uns als Christen in Zukunft in diesem Land
verstecken?"
Die Geschichte von Said
ist eine von vielen. Experten warnen vor zunehmenden Spannungen zwischen
den Religionsgruppen unter den Flüchtlingen. Im sauerländischen Hemer
griffen algerische Asylbewerber einen Eritreer und seine schwangere Frau
an. Beide trugen ihr Taufkreuz um den Hals. Einer schlug mit einer
Glasflasche auf den Eritreer ein. Ein junger Syrer aus einem
Erstaufnahmelager in Gießen berichtet von Drohungen. Er befürchtet, dass
sich unter den Flüchtlingen Anhänger der Terrorgruppe "Islamischer
Staat" befinden. "Sie schreien Koranverse. Das sind Wörter, die der IS
schreit, bevor sie den Menschen die Köpfe abschneiden. Ich kann hier
nicht bleiben. Ich bin Christ", sagt er. Im baden-württembergischen
Ellwangen gab es zwischen Christen, Jesiden und Muslimen eine
Massenschlägerei während des Ramadans.
Besonders
dramatisch ist der Fall einer christlichen Familie aus dem Irak, die in
einem Lager im bayerischen Freising untergebracht war. Der Vater
berichtete einem Fernsehteam des Bayerischen Rundfunks von Schlägen und
Drohungen eines syrischen Islamisten. "Sie haben meine Frau angeschrien
und mein Kind geschlagen. Sie sagen, wir werden dich töten und dein Blut
trinken." Die Familie lebte im Zimmer des Heims wie in Gefangenschaft –
bis sie es nicht mehr aushielt, nach Mossul in den Irak zurückkehrte.
Doch im mittlerweile islamistischen Mossul können Christen nicht mehr
leben. Die Familie wurde ein drittes Mal vertrieben und ist mit den zwei
kleinen Kindern weitergezogen nach Erbil im Nordirak. "Es geht ihnen
sehr schlecht", sagt ihr Anwalt Christian Salek aus München.
"Ich wollte ihnen gern helfen und habe auch ans Innenministerium
geschrieben, aber es gab keine Möglichkeit, sie zurück nach Deutschland
zu holen." Wer einmal Asyl beantragt und dann das Land verlässt, muss
unterschreiben, dass er kein zweites Mal um Aufnahme bittet.
"Man
hätte die Familie schützen müssen", sagt Simon Jacob vom Zentralrat der
orientalischen Christen. Geschichten wie diese überraschen ihn nicht
mehr. "Ich kenne sehr viele Berichte von christlichen Flüchtlingen, die
Angriffen ausgesetzt sind. Aber das ist nur die Spitze des Eisbergs",
sagt Jacob. "Die Dunkelziffer ist hoch. Wir müssen mit weiteren
Konflikten rechnen, die die Flüchtlinge aus ihrer Heimat mit nach
Deutschland bringen. Zwischen Christen und Muslimen. Zwischen Schiiten
und Sunniten. Zwischen Kurden und Extremisten. Zwischen Jesiden und
Extremisten." Jacob plädiert dafür, die Flüchtlinge zunächst nach
Religionen getrennt unterzubringen. Das aber könne keine langfristige
Lösung sein.
Jacob fordert die
Formulierung eines deutschen Leitbildes, in dem die Grundwerte der
Demokratie und einer pluralistischen Gesellschaft verankert sind.
Religionsfreiheit. Meinungsfreiheit. Die Gleichheit von Mann und Frau.
"Wir brauchen eine klare Ansage, auch als Orientierungshilfe für
Flüchtlinge, auch um ihnen zu helfen, sich gegen Extremisten
abzugrenzen", sagt Jacob.
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