9.7.16
Quo vadis, EU?
Die für die Europäische Union wohl größte Krise seit ihrer Gründung 1993
ist Wirklichkeit geworden. Grundfeste einer supranational konstruierten
Gemeinschaft friedliebender Europäer wurden durch das Austrittsvotum
der Briten in einem Maße erschüttert, das an die berühmte
Eisberg-Kollision der „Titanic“ erinnert - die Frage ist nicht, wie
die EU das überstehen, sondern ob sie überhaupt längerfristig bestehen
bleiben wird. Niemand wird jetzt wagen, irgendwelche diesbezüglichen
Prognosen abzugeben, weil alles ins Rutschen geraten ist. Nicht nur in
Europa, sondern im Vereinigten Königreich selbst. Schotten und Nordiren
werden möglicherweise neuerliche Unabhängigkeitsabstimmungen
inszenieren, um sich ihren weiteren Verbleib in der Union - auch
außerhalb des Königreichs - abzusichern. Und was die Engländer dann in
so einem Fall tun werden, steht in den Sternen. Dazu ist nicht
auszuschließen, dass sich einige durch das Abstimmungsergebnis ermutigte
osteuropäische EU-Staaten ebenfalls von der Union verabschieden werden,
weil sie die von Frau Merkel dem Kontinent aufgezwungene Welcome-Kultur
samt Souveränitätsverlust nicht mehr mittragen möchten und mittlerweile
wirtschaftlich derart erstarkt sind, dass sie auch ohne
EU-Mitgliedschaft weiterhin am gemeinsamen Markt teilnehmen könnten. Quo
vadis, Europäische Union? Das größte Friedensprojekt der europäischen
Geschichte steht jetzt am Scheideweg. Es wird vermehrt auch an uns
Bürgerinnen und Bürgern liegen, wie mit dieser neuen Situation
umgegangen werden soll.
Martin Krämer
Martin Krämer